Kategorie: Motivation

Selbstständig als Yogalehrer – Teil 1

Teil 1: Yogalehrer in der Selbstständigkeit: Was denn jetzt, Freiberufler oder Gewerbe?

Vor Corona war der Trend eindeutig: Immer mehr Menschen wollten in die Selbstständigkeit. Dem Wunsch nach selbstbestimmtem Leben und Selbstverwirklichung kamen auch immer mehr junge Menschen nach. Yogalehrer – dieser Beruf scheint für viele die Bedürfnisse von Freiheit und Eigenständigkeit zu erfüllen. Selbst in Bewegung bleiben, etwas tun, was man selbst liebt und wofür man brennt, frei darin sein, den eigenen Stil zu entwickeln – und obendrein mit der Arbeit Menschen ganz tief berühren – all diese Möglichkeiten stecken im Beruf des Yogalehrers. Es ist aber genau wie mit der Kunst – reich werden die allerwenigsten damit. Und besonders schade ist: Viele scheitern schon zu Beginn, weil sie in Sachen Rechtsformen, Steuern und Kalkulationen überfordert sind. Auch ich bin eigentlich viel zu spät auf den Gedanken gekommen, das Buch „Der Leitfaden. Ihr Wegweiser für alle unterrichtenden, beratenden und therapeutischen Berufe“ von Evelyn Schneider zu lesen. In diesem und dem nächsten Blogbeitrag gibt Evelyn Schneider Tipps und erklärt, wie wir die häufigsten Fehler vermeiden können.

Wer sich als Yogalehrer/in selbstständig machen möchte, sollte zunächst einmal wissen, dass es nicht schlimm ist, wenn Yoga die Miete bezahlt. Tatsächlich scheint das für viele Yogis ein Widerspruch zu sein. Evelyn Schneider ist selbst Yogalehrerin, vor allem aber berät sie. Nicht nur Yogalehrer sondern auch schon sehr lange in Unternehmen und in der Hotellerie. Das schafft eine tolle Verbindung zum Yoga, denn viele Yogalehrer brauchen auch Rat, wenn es um die Organisation und Abwicklung von Retreats geht. Beim BDY (Berufsverband der Yogalehrenden in Deutschland e.V.) und der IFAA/Vinyasa Yoga Akademie gibt Evelyn Schneider regelmäßig Seminare zum Thema Selbstständigkeit als Yogalehrer. Meistens sitzen die Yogis dann weniger enthusiastisch im Raum als bei Pranayama oder Anatomie. Evelyn Schneider muss darüber ein wenig schmunzeln. „Als ich selbst in die Selbständigkeit bin, habe ich gemerkt, dass es gerade bei Yogalehrern oft eine große Unsicherheit gibt, wenn es um Zahlen, Finanzen und Versicherungen geht. Und wie viele andere Yogalehrer habe auch ich eben ein Helfersyndrom. Deswegen und auch, weil ich gerne die Themen Steuer und Finanzen so aufbereiten wollte, dass sie leicht zu verarbeiten sind, bin ich in diese Richtung gegangen.“

Klare Ziele

Yogini mit Helfersyndrom: Evelyn Schneider ist als Beraterin für Menschen, die in die Selbstständigkeit gehen und Hoteliers und Hotelbetriebe tätig.

Wer sich selbstständig machen möchte, sagt Evelyn Schneider – und das klingt natürlich erst einmal logisch – sollte sich über sein Ziel klar werden. „Wenn ich mich selbständig mache und erst mal kein richtiges Ziel verfolge, ist das genauso als würde ich mich in ein Taxi setzen, und dem Fahrer sagen, er solle einfach mal losfahren. Das kann teuer werden und kostet Zeit …“ Die fehlende Zielformulierung sei aber tatsächlich einer der häufigsten Fehler, wenn Yogalehrer sich selbständig machten. „Ein weiterer Fehler ist, dass der eigene Status nicht klar definiert ist. Die Rahmenbedingungen müssen klar sein. Und als nächster Fehler kommt dann häufig, dass vergessen wird, richtig zu kalkulieren. Viele Yogalehrer fragen herum, was die anderen für ihren Unterricht nehmen und orientieren sich an diesen Beispielen. Dabei vergessen sie, auszurechnen, was sie tatsächlich brauchen. Und dann vergessen viele, Geld beiseite zu legen, beispielsweise für die Steuern, die ja erst viel später fällig werden.“ 

Bevor ich mich selbstständig mache, sollte ich also wissen, was ich will. Will ich einen Minijob? Will oder muss ich wirklich davon leben? Reicht es mir aus, wenn ich Kleinunternehmer bin? Und reicht das auch in fünf Jahren aus? Wie sind in fünf Jahren meine Rahmenbedingungen? All das seien Fragen, über die Klarheit herrschen sollte. Mir persönlich hat dabei unter anderem die Folge des Endlich-Om-Podcasts „Wie schließen wir Frieden mit Kind und Karriere“ geholfen. Auch wenn ich nicht mit allem, was Katrin Wilkens im Interview mit Stefanie Luxat sagt, einer Meinung bin, hat mir diese Podcast-Folge auf jeden Fall bei der Formulierung meiner Zielsetzung Klarheit verschafft. Ebenso spannend ist die Folge von Heiliger Bimbam mit Franziska Schmid und der Frage „Wie findet man seine Berufung?“.

Gewerbe oder Freiberufler?

Es geht nicht nur Yogalehrern so: Das Thema Finanzamt ist den meisten Menschen unbequem. War auch bei mir so. Ich bin froh, dass ich einen Steuerberater gefunden habe, dem ich vertraue und der meiner Meinung nach, einen fantastischen Job macht. „Auf die Frage: Muss ich mich behördlich anmelden, bevor ich loslegen kann?, gibt es nur eine Antwort und die lautet: Ja!“, sagt Evelyn Schneider.

Will ich mich dort anmelden, stolpern wir häufig schon über das nächste Problem: Bin ich Freiberufler oder muss ich ein Gewerbe anmelden? Doch auch hier ist die Antwort eigentlich simpel: „Entscheidungshoheit hat immer das Finanzamt, es ist ein bisschen die Frage, wer sitzt da. Yogalehrer befinden sich ein wenig in einer Grauzone. Entscheidend darüber, ob ich Freiberufler bin oder ein Gewerbe anmelden muss, ist der Inhalt meiner Tätigkeit. Einzelunterricht wird beispielsweise oft nicht als unterrichtend definiert und ist dann nicht mehr freiberuflich. Es geht dabei eben um den Rahmen des ‚Unterrichts‘: Dieser findet üblicherweise in einer Gruppe (schulklassenartig) statt. Es ist aber auch eigentlich egal, denn ein Gewerbe anzumelden, ist nichts Schlimmes“, erklärt Evelyn Schneider. „Wenn ich zwei Dinge anbiete, die völlig losgelöst voneinander funktionieren, zum Beispiel Yoga unterrichten und Schuhe verkaufen, dann kann es sein, dass es Sinn macht, eines als Freiberuflichkeit laufen zu lassen und eines als Gewerbe. Dann brauche ich allerdings auch zwei unterschiedliche Steuernummern und muss auf jeden Fall auch getrennte Buchführung vornehmen. Wenn ich aber zwei Dinge anbiete, die sich nicht klar trennen lassen, wie zum Beispiel Yoga unterrichten und gesprochene Meditationen verkaufen, dann wird das Finanzamt mich generell als gewerblich einstufen. Und das ist genauso mit Online-Yogaunterricht.“ 

Ich erinnere mich noch daran, als ich mich selbstständig machte und feststellte, dass auf dem Gewerbeamt völlige Unklarheit herrschte. Das wiederum hat mich dann natürlich auch verwirrt. Die Dame, die mir gegenüber saß, war ganz irritiert, weil ich eben zwei verschiedene Dinge machte, zum einen war ich Yogalehrerin, zum anderen Journalistin. Für letzteres, das wusste ich, musste ich auf jeden Fall kein Gewerbe anmelden. „Ja“, sagt Evelyn Schneider lachend. „Das ist natürlich paradox aber man muss bedenken: Die Mitarbeitenden bei den Behörden haben es auch nicht so einfach mit der Vielzahl an Berufen, die es heute gibt. Da es auch noch jede Menge Mischformen gibt, wird es für die eben auch immer komplizierter. Daher ist es aber auch so wichtig, selbst sehr viel Sicherheit über das zu haben, was man anbieten möchte.“  Zu denken: „Ich habe gehört, ich bin Freiberufler als Yogalehrer und das Finanzamt hat gesagt …“ sei nicht der richtige Weg, erklärt sie. Korrekt hingegen sei es, sich beim Finanzamt zu melden und eine verbindliche Auskunft anzufordern. „Das kostet natürlich eine Gebühr und deswegen machen das die wenigsten. Aber nur, weil ich meine Steuererklärung jährlich abgebe und sich beim Finanzamt niemand wehrt, heißt das noch lange nicht, dass es richtig ist.“ 

Mit jedem Yogalehrer kann die Welt ein wenig besser werden …

Seien diese Dinge erst einmal geklärt, sei die Selbstständigkeit etwas sehr Schönes, ermutigt Evelyn Schneider. Yoga ist zudem ein tolles Produkt. Die Konkurrenz ist groß, aber der Bedarf auch ungebrochen. Auch in Zukunft werden immer mehr Menschen vermutlich auf den Gedanken kommen, etwas für sich und ihre Gesundheit zu tun – der Weg in den Yogaunterricht ist häufig der erste Schritt. Es wird noch mehr Möglichkeiten geben, sich zu spezialisieren. „Wenn ich die Frage nach dem Bedarf an Yogalehrern beantworten soll, sage ich gerne: the sky is the limit. Die Anwendbarkeit ist vielseitiger geworden, die Nachfrage steigt noch.“ Heute machten sich auch immer mehr junge Leute selbständig. „Corona hat diesen Trend vielleicht nun ein wenig durcheinandergewürfelt. Das lässt sich jetzt noch nicht sagen. Ich hoffe aber auch, dass das, was beispielsweise in der Schweiz stark verbreitet ist, sich auch hier durchsetzen wird und das sind mehr 60- oder 70-Prozent-Stellen. Die Unternehmen spüren den Fachkräftemangel und dass sich etwas ändern muss, um Mitarbeiterzufriedenheit zu erreichen.“ Unabhängig davon aber würde mit jedem, der sich mit Yoga beschäftigt, die Welt vielleicht ein bisschen besser, meint Evelyn Schneider.

Evelyn Schneider hat auf Facebook die Gruppe „Erfolgreiche Selbstständigkeit als Yogalehrer/in“ gegründet, in der sie ganz kostenlos Informationen zu den Themen Selbstständigkeit, Finanzamt und Steuern und Versicherungen gibt. Du musst nichts weiter tun, als der Gruppe beizutreten. 

Tschüss, Sommer 2020! Du warst … ne Wucht!

Hier muss wohl Werbung drüberstehen – obwohl ich alles selbst bezahle.

Mein Sommerrückblick ist gleichzeitig ein Kiel-Tipp. Nach zwei Jahren in der Schleswig-Holsteinischen Landeshauptstadt wird mir das wohl gelingen. Und künftig machen ja vielleicht mehr Menschen an der deutschen Ostseeküste Ferien als im Süden. Wer weiß es …

Was mich an Kiel noch stört, ist, dass es überall sonst in Deutschland meistens sechs Grad wärmer ist. Mindestens. Im Kieler Sommer pendelt sich das Thermometer so ganz entspannt bei 20 Grad ein, manchmal sind es auch 18. Aber wenn es mal wärmer wird als 25, ist das schon besonders. Während ich mir Instagram-Stories meiner Freunde anschaue, wie sie in Köln, Mainz oder München in kurzen Hosen und T-Shirt rumrennen, frage ich meine Kinder: „Jacke oder reicht heute ein Pulli?“ Eines ist aber klar: Die „Corona-Zeit“ war bis jetzt auf jeden Fall vor allem sonnig. Ich kann mich genau erinnern, als meine Kinder am 11. März krankheitsbedingt zum letzten Mal in die Kita gingen, bevor wir dann freitags erfuhren, dass nicht nur die Kindertagesstätten auf unbestimmte Zeit schließen würden: Die Sonne schien von da an gefühlt pausenlos. Darüber bin ich sehr froh, denn mir hat es definitiv die Zeit im Frühling ein bisschen schöner gemacht. Dann kam der Sommer. Ich hatte null Erwartungen und wie es meistens so ist, wenn man keine Erwartungen hat, wurde es fabelhaft. Der Sommer 2020 war für mich definitiv schöner als der im vorherigen Jahr.

Kiels Sonnenseite

Ich habe mich mit meinen Kindern nach strenger Quarantäne drei Wochen lang bei meinen Eltern im Südwesten Deutschlands eingebucht und dort hatten wir die gemütlichsten und sommerlichsten drei Wochen, die ich mir hätte vorstellen können. Urlaub auf Mallorca? In Italien oder Griechenland? Nee, danke. Das Saarland war besser! Nichts hätte ich eintauschen wollen gegen diese Zeit mit meiner Familie. Sowohl die Zeit davor als auch danach hatte ich mich ziemlich häufig an den Stränden um Kiel herumgeschlagen. Wir aßen Eis, buddelten im Sand, ich stürzte mich ins Meer, meine Kinder begannen, die Ostsee zu lieben, wir beobachteten den Sonnenuntergang in Laboe und ich entwickelte eine Schwäche für Kiel. Nach zwei Jahren hier war das ja auch mal an der Zeit. Während andere jammerten, weil sie nicht in den Urlaub fliegen durften, fragte ich mich, wo es schöner sein könne als an der Ostseeküste. Natürlich fallen auch mir da eine ganze Reihe Destinationen ein aber ich habe in diesem Sommer definitiv endgültig meine Liebe zur Ostsee entdeckt. Mein Lieblingsstrand befindet sich hier. Stein ist traumhaft. Obwohl es hier im Winter – und das heißt ja in Kiel mindestens so sechs Monate lang – bestimmt stink-langweilig ist, würde ich am liebsten hier wohnen wollen. Die Kinder können hunderte Meter weit ins flache Wasser laufen und der Kaffee beim Strandcafé Tatort Hawaii schmeckt. Das ist gleichzeitig auch eine coole Surfschule und deswegen ist die Atmosphäre einfach nur lässig. Ein Örtchen weiter befindet sich das weitaus berühmtere und belebtere Laboe. Dort steht auch das Marine-Ehrenmal, von dem man eine fantastische Aussicht hat. In Laboe herrscht absoluter Ostsee-Tourismus-Flair, ein Strandkorb reiht sich an den nächsten, die Promenade ist zumindest in den Sommerferien gut besucht. Größere Kinder freuen sich über den Skatepark. Hier gibt es auch die besten Fischbrötchen in ganz Kiel. Sonnenuntergänge von Laboe aus sind magisch.

Auf der Westseite der Kieler Förde gibt es viele weitere Strände, einer meiner Favoriten ist der Strand in Surendorf. Hier gibt es beim Blauen Seestern sogar viele vegane Gerichte auf der Karte. Gleich daneben ist das Wassersportcenter, Tauchen, SUP’s oder Tretboote leihen, Kiten, Surfen – alles ist möglich. Meine Kinder lieben die Schaukel direkt am Strand, beim Blauen Seestern gibt es auch noch einen kleinen Spielplatz. Der Falckensteiner Strand ist etwas wilder, in der Nähe befindet sich der Hochseilgarten Kiel. Auch beliebt sind die Strände in Schilksee und Strande – mir persönlich waren sie ein bisschen zu belebt in diesem Sommer.

Wochenmarkt und Kiellinie

Wer die Innenstadt besucht, kann meines Erachtens auf die Shoppingtour in der berühmten Holstenstraße verzichten. Mir gefällt der Bummel auf der Holtenauer Straße viel besser. Kleine Shops, Cafés und ein paar stilvolle Boutiquen – hier gibt es eigentlich alles was man so braucht. Dort befindet sich übrigens auch das Yogastudio Yoga Moment, in dem ich unterrichte (sehr zentral liegt das Studio Yoga in Kiel in der Nähe des Hauptbahnhofes. Baltic Yoga befindet sich in der Nähe des Schrevenparks). Ich liebe den Wochenmarkt auf dem Blücher Platz. Er findet montags und donnerstags zwischen 8.00 und 13.00 Uhr statt. Hier ist auch der Biobauer meines Vertrauens zu finden, bei dem es das leckerste Gemüse gibt, was ich je gegessen habe. An sonnigen Tagen ist die Marktatmosphäre einfach wunderbar – so etwas habe ich sonst nur in Frankreich erlebt. Die Kieler geniessen den Kaffee von Loppo und lassen es sich beispielsweise mit den Leckereien von Philine , die mit ihrem alten Renault Estafette vorfährt, gutgehen. Vom Marktplatz aus läuft man gar nicht weit bis zur Kiellinie. Die ist gerade früh morgens im Sommer zauberhaft. Hier kann man ins Wasser springen, sich SUPs ausleihen, gemütlich in der Seebar frühstücken oder abends in unserem Lieblingsrestaurant Lagom skandinavisches Flair, das sogar meinem Mann – einem Kopenhagener – authentisch erscheint und gute Küche geniessen. Mit (und auch ohne) Kinder lohnt sich der Besuch im Kieler Aquarium Geomar. Das ist zwar nicht groß aber dafür enorm informativ und so gemacht, dass gerade Kinder einen tollen Einblick in die Meereswelt erhalten. Hier gibt es auch das Seehundebecken. Der Landtag befindet sich ganz in der Nähe und von dort aus kann man wunderbare Spaziergänge durch den noblen Ortsteil Düsternbrook machen. Nicht weit vom Landtag ist die Forstbaumschule, ein lässiger Biergarten mitten in einem wunderbaren Park, der fast bis zum Meer führt. Für Kinder wie für Erwachsene traumhaft. Einen Besuch wert ist auch der Flandernbunker.

Gartenglück und zwei Geheimtipps

Meine Kinder und ich sind große Fans des Botanischen Gartens der Universität Kiel. Bitte nicht verwechseln mit dem Botanischen Garten an der Förde, der ist etwas langweilig. Der Botanische Garten der Universität ist wunderschön und für die Kinder gibt es einen riesigen Sandkasten inklusive Sandspielzeug, Klanginstallationen und Schnupperbeet. Wenn wir Glück haben, können wir von den Himbeeren neben dem Sandkasten naschen. Der coolste Spielplatz der Stadt liegt etwa zwischen dem Blücherplatz und dem Botanischen Garten – und zwar am denkmalgeschützten Wasserturm Ravensberg. Der Spielplatz wurde direkt nachdem der Lockdown vorbei war, eröffnet, was natürlich für alle Kinder (und Erwachsene) fantastisch war. Dieser Spielplatz ist ein „Spielplatz für jede Altersklasse“, denn man kann hier auch Basketball spielen, Skaten und super Workouts absolvieren. Neu für mich entdeckt habe ich diesen Sommer auch den Kieler Tiessenkai, benannt nach dem Schiffsausrüster Hermann Tiessen, in Holtenau. Hier spürt man Segleratmosphäre pur. Am Ende des Kais entdeckt man den Holtenauer Leuchtturm.

Mein wilder Corona-Sommer

Im Sommer verbrachten wir dann auch noch zehn Tage in Dänemark bei der Familie meines Mannes rund um Kopenhagen und als hätten wir nicht schon genug Corona-Sommer-Glück gehabt, erwischten wir dort ausgerechnet Mitte August die heißeste Woche des Jahres im Norden. Es war wie im Traum. Die Dänemark-Tipps kommen dann aber mal an einer anderen Stelle. Über Kopenhagen muss man nicht viel sagen, die Stadt ist einfach herrlich und wir überlegen immer wieder, ob wir noch mal dort leben wollen.

Strandurlaub haben wir in Gilleleje gemacht, ein herrliches – und mittlerweile nobles – Fischerörtchen im Norden von Seeland. Zurück zuhause durfte ich an einem tollen Projekt arbeiten. Ich habe diesen Sommer wirklich gern gehabt. In den letzten Wochen hat es hier in Kiel einige Male tatsächlich ganz schön heftig geregnet, die kurzen Sachen sind zum Teil schon in die hinterste Ecke des Schrankes gerutscht, das Thermometer zeigte wieder beständig die 1 vorne. Doch dann sollte es tatsächlich noch mal richtig warm werden in Kiel – wenigstens für zwei Tage. Ich plante schon mit einer Freundin den Ausflug nach Stein. Noch einmal die Füße in den Sand und den Kopf ins Meer … Und dann wurde meine jüngste Tochter krank. Eine typische Kindergarten-Krankheit, Fieber, sogar einen Corona-Test musste sie über sich ergehen lassen. Und ich verabschiedete mich still und leise innerlich von diesem Sommer ohne noch einmal richtig Tschüss sagen zu können. Das Meer fiel sozusagen ins Wasser. Jetzt sitze ich hier, schreibe meinen Rückblick auf den Sommer … und esse heimlich ein Eis. Es war auch ohne bewussten letzten Strandtag ein schöner Sommer für mich. Ich bin ganz schön dankbar, dass ich als Mama nichts vermisst habe, in diesem wilden Sommer.

Fuck the Mindfucks!

Ich platze gleich damit heraus: Fuck the Mindfucks! Das ist mein neues Motto. Einer meiner Mindfucks: „Ich bin zu alt fürs Bloggen“ flog hier im August in ganz großem Bogen über Bord. Und falls Du auch irgendwelche Mindfucks hast, dann weg damit. Das ist meine Erkenntnis aus dem Monat August.

Mein Business macht ’nen Handstand

Im August habe ich etwas gemacht, was ich sonst nie mache. Ja echt. Ich habe an einer Challenge teilgenommen, die mir auf Facebook in Form einer Werbeanzeige vorgeschlagen wurde. What? Ja. Ist sonst eher nicht so meine Art. Was ich so ansprechend fand, war die Kombination. Das nennt man wohl Alleinstellungsmerkmal und ist das, was sich am Ende gut verkauft. Zurecht. „Händständ your Business“ hieß die Challenge und eine sympathische Texterin, die Sympatext(erin).com nämlich, wollte uns Teilnehmenden innerhalb von vier Wochen beibringen, wie der Handstand geht und na ja, wie man gleichzeitig eben auch noch sein Business rockt. Texten – passt zu mir. Handstand ist etwas, was alle meine Yogaschüler lernen wollen. Eine neue Perspektive darauf zu bekommen, wie man es ihnen näherbringen kann – das fand ich spannend. Mal weg von dem ganzen yogischen Asana-Programm. Stattdessen schien diese Challenge ja zu versprechen, wie jeder Mensch in vier Wochen den Handstand lernen kann. Welcher meiner Schüler/innen würde mir wohl glauben, wenn ich versprechen würde, dass er/sie in vier Wochen den Handstand macht …? Also klick gemacht und keine zwei Sekunden später die Willkommen-im-Club-Email erhalten.

Mehr weibliche Meinungen

Den ganzen August über und noch in den September hinein habe ich viele Mails von der sympathischen Sympatexterin bekommen. Darunter unter anderem eine wöchentliche PDF mit den Übungen inklusive Warm-up und Cool-down der Woche. Zusätzlich dazu lieferte sie aber auch Ideen für Blogartikel und so weiter. Und obwohl es ihr am Ende des Tages natürlich darum ging, ihr Business-Coaching zu verkaufen, hat mich keine einzige Mail genervt. Weil sie einfach gut geschrieben waren. Und lustig. Ich habe aus dieser Challenge also gleich schon mal gelernt: Newsletter-Mails müssen nicht nervig sein. Vorab: ich habe (noch) keinen Kurs bei Judith Peters, so heißt die Sympatexterin nämlich mit richtigem Namen, gekauft. Ich kannte sie nicht vorher und ich kriege auch kein Geld von ihr, weil ich jetzt diesen Text hier schreibe. Aber wenn Du gerade überlegst, Deine Webseite auf Vordermann zu bringen, Dir unsicher bist, wie das funktionieren soll, dann lohnt es sich schon mal, den Sympatexter-Newsletter zu abonnieren. Judith Peters weiß nämlich, dass gerade Frauen sich wahnsinnig schwer damit tun, mit dem Bloggen anzufangen. Unsere Meinung öffentlich kund zu tun, ist uns schließlich auch irgendwie ein bisschen unheimlich. Das war es für mich zum Beispiel auch, als ich diesen Text über das Tragen einer Maske geschrieben habe. Judith Peters sagt, dass die Welt mehr weibliche Meinungen braucht. Und die transportieren wir nun mal in erster Linie und am allerschnellsten über unseren Blog. Deswegen unter anderem, ist es so wichtig, dass wir unserer Webseite eine Stimme geben. 

Warum jetzt eigentlich Handstand?

Ab und zu mal die ganze Last, die auf den Füßen liegt, auf die Hände übertragen …

Aber was hat das jetzt alles mit dem Handstand zu tun? Und wieso kann man den Handstand mit der Webseite verbinden? Ich finde es grundsätzlich angenehm, wenn ich manchmal meine Welt auf den Kopf stelle, die Perspektive verändere, in dem ich mich in eine Umkehrhaltung begebe. Mache ich seit der „Händständ your Business“-Challenge wieder öfter. (Hier gibt es übrigens noch einen schönen Beitrag von Judith zum Thema was man über den Handstand bloggen kann.) Das ist aber gar nicht die größte Erkenntnis, die ich aus „Händständ your Business“ gezogen haben. Stattdessen: Man kann (fast) alles lernen. Und in der heutigen Zeit können wir auch fast alles machen. Ich meine jetzt nicht die unnötigen Sachen, wie als Tourist zum Mond zu fliegen, Fertiggerichte zuzubereiten, oder Weichspüler in unsere Waschmaschine zu kippen, sondern eher genau die Klamotten anzuziehen, die wir anziehen möchten, genau die Frisur zu tragen, die wir tragen möchten, genau den Job zu haben, den wir haben möchten … und so weiter. Wir sind – auch wenn das gerade heiß diskutiert wird – in unserer Freiheit wirklich nicht eingeschränkt. Und deswegen können wir auch mit über 40 noch mit dem Bloggen beginnen oder mit 50 einen Handstand lernen. Der Handstand, so hat Judith Peters das auch sehr schön ausgedrückt, steht eigentlich nur als Synonym für alles, was wir gerne können möchten. 

Und jetzt bitte Spagat

In vier Wochen mach ich Spagat. Locker, oder?

Was Judith mir also in den vergangen vier Wochen vor allen Dingen beigebracht hat, ist: Ich bin nicht zu alt fürs Bloggen. So. Das war einer meiner Mindfucks. Ich bin mir auch heute noch nicht immer sicher, ob meine Texte richtig gut sind, ob sie irgendjemanden berühren oder jemandem dabei helfen, einen Mindfuck aufzulösen … Ist aber auch egal. Raus mit dem Zeug. Den Mindfucks und den Worten.

Ich habe schon vor der „Händständ-your-Business“-Challenge begonnen, unregelmäßig an meinen Fähigkeiten für Hanumanasana, den Spagat, zu arbeiten. Und irgendwann kam dann eine Mail von Judith, in der sie schrieb: „So, und als nächstes dann der Spagat. Aber nicht am Boden. Das kann ja jeder. Sondern im Handstand.“ Ja, sagte ich doch, lustig. In vier Wochen werde ich 41. Und bis dahin mach‘ ich wieder den vollen Spagat. Bist Du dabei?

How to be good?!?

Ich glaube an Talent. Trotzdem bin ich bin mir ziemlich sicher, dass noch kein grandioser Yogalehrer einfach so vom Himmel gefallen ist. Alle mussten erst mal lernen, Lehrer zu werden. Ich wähle hier bewusst das Wort „werden“. Falls du aber gerade eine Yogalehrer-Ausbildung gemacht hast und voller Selbstzweifel steckst, dann atme erst einmal auf.

Wie wird man „gut“?

Nachdem ich meine ersten beiden Ausbildungen hinter mir hatte und zusätzlich ein Diplom in Sportwissenschaften im Gepäck, habe ich mir natürlich die Frage gestellt, was einen guten Lehrer ausmacht, oder auch: Wann ich denn endlich einer sein könne. Meine erste Ausbildung habe ich 2014 gemacht. Das mag klingen, als sei es ewig her, ist es aber nicht. Durch meine Vorbildung, also mein Sportstudium sowie meine Arbeit in der Fitness-und Gesundheitsbranche (Betriebliches Gesundheitsmanagement) war für mich der Fokus auf Adjustments, eine gesunde Ausrichtung und das Wissen über Anatomie und Physiologie selbstverständlich. Es beeindruckte mich als Schüler immer am allermeisten, wenn mir ein Lehrer etwas über meinen Körper beibringen konnte, was ich bislang nicht wusste oder selbst nicht so gut vermitteln konnte. Aber dann hörte ich immer wieder, dass Yoga doch in erster Linie „berühren“ müsse, auf emotionaler Ebene, dass es etwas mit uns machen solle und dass das Körperliche doch eigentlich nebensächlich sein müsse …

Tief genug

Ich las ständig davon, wie viele Menschen durch tiefe Täler gelaufen waren, bevor sie dann auf dem Weg zum Yogalehrer endlich wieder irgendwo Licht gesehen hatten, las, was Yoga mit ihnen alles machte und wie nachhaltig Yoga ihr Leben verändert hatte. Ich bin definitiv dankbar dafür, dass ich Yoga gefunden habe. Ich liebe Yoga und ich liebe den Weg, den ich eingeschlagen habe, weil ich mich irgendwann einmal dafür entschieden habe. Trotzdem kann ich nicht behaupten, dass mein Leben vor Yoga schlecht war. Bin ich deswegen ein weniger guter Lehrer? Diese Frage stellte ich mir tatsächlich. Wie sagte eine Freundin vor kurzem mal schmunzelnd zu mir: „Du warst ja irgendwie schon immer ein bisschen Yoga …“ Damit meinte sie nichts anderes als meine relativ entspannte Grundhaltung, die garantiert der Verdienst meines Elternhauses ist und rein gar nichts mit meiner Yogapraxis zu tun hat.

Ich aber fragte mich, ob ich nur ein guter Lehrer sein könne, wenn die Täler, die ich durchschritt, auch nur tief genug waren. Was für verrückte Gedanken, oder? Schließlich weiß ich: Schlimmer geht immer. Und auch: schlimm ist immer relativ. Genauso wie „gut“ und „schlecht“ auch irgendwie relativ sind. Ich versuchte, ein guter Lehrer zu sein und habe mir dabei alles mögliche sagen lassen. Beispielsweise dass Yogastunden nur dann gut sind, wenn sie einem „Thema“ untergeordnet sind, das einen tieferen philosophischen Hintergrund hat. Oder dass Musik beim Yoga nervt. Dass ich jede Stunde mit Om beenden muss und jede mit einer Art Ted Talk, der sich dann durch den ganzen Unterricht zieht, beginnen. Ich habe vieles ausprobiert. Und dabei stellt man dann natürlich vor allen Dingen erst mal eines fest: Die Authentizität bleibt zuweilen auf der Strecke. Ist ja auch gar nicht so leicht, authentisch zu bleiben, wenn man versucht, umzusetzen, was andere sagen. Rückblickend ist es ziemlich klar, dass es schwer ist, ein guter Lehrer zu sein. Das Ding ist ja, selbst wenn du alles über die richtige Ausrichtung von Asanas weißt, Meditationen anleiten, das Yoga Sutra und die Bhagavad Gita auswendig zitieren kannst und zusätzlich dazu noch Sanskrit gelernt hast, macht dich das nicht automatisch zu einem fantastischen Lehrer.

Reingefallen!

Ich fand es von Anfang an irreführend, wenn Yogalehrer meinten, sie müssten ihren Schülern Lebensweisheiten oder Ratschläge mit auf den Weg geben. Aber natürlich bin auch ich darauf reingefallen, dachte meine Stunden seien wertlos und einfach nur Gymnastik, wenn ich mir nicht schlaue Sprüche ausdenken würde. Meistens stand ich dann vor der Klasse und verkniff sie mir doch wieder. Weil ich es irgendwie schräg fand, wenn ich meinen Schülern, die zum Teil viel mehr Lebenserfahrung hatten als ich, irgendetwas Weises über mein Leben mit auf den Weg gebeten sollte. Doch es hat ja auch Stunden gegeben, in denen mich wirklich das gesprochene Wort eines Lehrers nachdenklich gestimmt hatte …

Mit dem Weg zum Yogalehrer ist es genau wie mit dem Weg zu sich selbst. Man braucht eine Weile bis man herausgefunden hat, was richtig für einen ist und irgendwann ist vielleicht wieder etwas anderes gut. Das ist gar nicht schlimm und soll keinesfalls entmutigen. Im Gegenteil.

Mein Unterricht ist meiner

Es brauchte eine ganze Weile bis ich verstanden hatte, das mein Yogaunterricht absolut so sein durfte, wie ich ihn unterrichten wollte. Ohne Schnörkelphrasen (die kommen bei 90 Minuten Anleitung ganz automatisch und ungewollt …) Ohne erzwungenes Om. Dafür aber mit viel Bewegung. Gerne auch mal damit, die Schüler dazu zu bringen, verblüfft über den eigenen Körper zu sein. Und: mit ganz viel Ruhe am Ende. Ich weiß heute, dass die Schüler, die immer wieder in meinen Unterricht kommen, ganz bestimmt nie gekommen sind, weil sie von mir Lebensweisheiten hören wollten. Ich weiß heute, warum sie kommen. 

Aus 2019 habe ich vieles mitgenommen, aber nachhaltig ist mir in Erinnerung geblieben, dass ich nur dann Ratschläge verteilen möchte, wenn ich ausdrücklich darum gebeten werde. Wie soll ich wissen, was für meine Schüler, die ich höchstens und im besten Fall ein bis zwei Mal in der Woche sehe, gut ist? Deswegen vermeide ich es in meinen Unterrichtsstunden ganz bewusst aber dafür mit der Gewissheit, dass das dann trotzdem guter Unterricht sein kann. Yoga beginnt bei mir tatsächlich auf der Matte. Asanas lassen Spannung los. Atmen lässt Luft raus. Die Verbindung von beidem bewirkt das, was wir im Yoga als so befreiend bezeichnen. Ich liebe entspannendes Yin heute genauso wie anstrengendes Power Yoga, ich liebe Meditationsübungen heute genauso wie minutenlanges Nichtstun in Savasana. Und deswegen kann ich es auch unterrichten. Ich finde es gar nicht verkehrt, wenn in einer Zeit, in der sich der Mensch ohnehin viel zu wenig bewegt, der Yogaweg mit dem Körperlichen beginnt. Alles andere überlasse ich meinen Schülern selbst. Das mit sich selbst auseinandersetzen, beispielsweise, das Hinterfragen gewisser Lebensweisen, Herangehensweisen, Antworten oder Aussagen. Psychoanalytik ist eine tolle Sache. Aber eben nicht Aufgabe des Yogalehrers. Was ich hingegen an meinen Schülern sehen kann, ist, welche Asanas ihnen leicht und welche ihnen schwer fallen, was ihnen hilft, besser in eine Dehnung zu kommen oder welche Asana ich dem Einzelnen alternativ anbieten kann. Das sehe ich auch als meine Aufgabe.

Stay true, stay you

Sich damit auseinanderzusetzen, was Yoga alles kann, aber auch was es alles nicht kann, ist eine meiner Leidenschaften. Wo sind die Grenzen des Lehrers, wie weit geht meine Verantwortung – diese Fragen beschäftigen mich auf meiner Reise zum Yogalehrer. Immer mehr und weiter zu lernen ebenfalls. Yogalehrer bleiben ja auch ein Leben lang Schüler. Und falls du gerade eine Ausbildung zum Yogalehrer gemacht hast und jetzt noch nicht den Sprung ins kalte Wasser des Unterrichtens gewagt hast, weil du erst ein guter Lehrer sein möchtest, dann kann ich nur sagen (und das ist kein Ratschlag sondern ein Mutzuspruch): Es wird immer Menschen geben, die deinen Unterricht mögen. Du darfst anfangen, um zu lernen und dich auf dem Weg zum Lehrer zu entwickeln. Keiner der grandiosen Yogalehrer, die du schon selbst hast unterrichten sehen, ist als Genie vom Himmel gefallen. Gehe in den Austausch mit Schülern wie Lehrern und lass dich nicht entmutigen, wenn du selbst das Gefühl hast, da, wo du stehst, genau am richtigen Ort zu sein. Meine Asanapraxis ist übrigens lange nicht mehr so konsequent wie am Anfang meiner Lehrertätigkeit und trotzdem macht mich das nicht zu einem schlechteren Lehrer. Aber das ist eine andere Geschichte. Namaste, Yogis.

Corona-Müdigkeit oder kein ganzer Sommer

Ich brauche einen Espresso. Das schreibe ich jetzt nicht nur so daher. Ich bin wirklich müde. Ich glaube, es geht vielen gerade so. Heute dürfen die Yogastudios in den meisten Bundesländern wieder öffnen. Was habe ich mich darauf gefreut! Und jetzt ist da plötzlich so eine Corona-Müdigkeit. Statt Frühjahrsmüdigkeit. Um den Frühling wurde ich ja dieses Jahr betrogen, den verbrachte ich in Quarantäne. Vielleicht nenne ich das deswegen jetzt Corona-Müdigkeit. Der Mensch passt sich erschreckend schnell an. Als am vergangenen Wochenende die Spielplätze öffneten, fragte ich mich, welcher Mensch über 18 tatsächlich freiwillig auf einen Spielplatz rennen würde. Ich jedenfalls nicht. Mit dem Yogastudio ist es ein bisschen anders. Ich finde es wirklich gut, dass die Studios öffnen. Aber trotzdem finde ich es auch ein bisschen seltsam, wenn ich dann da vor einer Yogaklasse stehe, sobald ich mich ein paar Meter bewege, den Mundschutz anziehen muss und statt zwischen meinen Schülern herumzulaufen, vermutlich nur eine Art Vorturnerin bin. Hands-on-Adjustments? Kannte knicken. Nackenmassage in Savasana? Wird es nicht geben. 

Vertraue deinen Fähigkeiten

Wir können als Yogalehrer natürlich trotzdem mehr als nur Vorturner sein, den Stunden mehr Qualität geben als Livestream-Yoga. Ich habe meinen Espresso nun getrunken und es geht mir schon wieder besser. Als Yogalehrer strahlst du etwas aus. Ohne es vielleicht zu merken. Da ist immer eine Energie im Raum, die auch etwas mit dir zu tun hat, wenn du unterrichtest. Diese Energie kann Großartiges bewirken. Bleibe du selbst und versuche nicht, deiner Stimme einen Klang zu geben, der nicht zu ihr gehört. Sei authentisch. Vielleicht kannst du dafür sorgen, dass deine Schüler Spannungen auf der Matte abbauen können. Und wenn du sie nicht so korrigieren kannst, wie du das gewöhnt bist oder warst – ist das erst mal egal. Schliesslich hat in den vergangenen Wochen auch niemand ständig an ihrer Körperhaltung rumgenölt. Es gab einen Grund, weshalb die Schüler vor Corona-Zeiten zu dir in den Unterricht kamen, es gibt auch einen, warum sie jetzt wiederkommen. Obwohl du sie nicht anfasst. Du allein bist einzigartig als Lehrer. Wenn du hinter dem stehst, was du unterrichtest, bist du gut in dem, was du tust. 

Neue Welt

Ich kann mich noch gut daran erinnern, dass ich am 13. März auf meiner Facebook-Seite einen Artikel von Fuckluckygohappy-Gründerin Rebecca Randak postete. Sie erklärte in dem Artikel – wie ich finde, sehr gut – wie wir nun Yoga üben können und ob wir noch in Studios gehen sollen oder nicht. Seit dem 13. März hat sich die Welt ein wenig verändert. Ich weiß noch, dass ich nur drei Tage bevor Rebecca Randak über Corona und Yoga schrieb, mit meiner Mutter am Telefon darüber gesprochen hatte, dass ich meine Yogaschüler selbstverständlich anfasste. Nun werde ich, wenn ich mich überhaupt dazu entscheide, in den nächsten Wochen zu unterrichten, mit gemischten Gefühlen ins Studio gehen. Ich meine, haben wir all das, was wir in den vergangenen Wochen und Monaten getan haben, nur gemacht, um dann einfach wieder weiter zu machen wie vorher?

Yogalehrer in der Pandemie

Ich möchte nicht, dass meine Kinder in Isolation aufwachsen. Ich möchte auch nicht, dass ich noch viel länger erklären muss, dass sie immer noch keine Freunde treffen können. Aber ich weiß auch irgendwie nicht, was überhaupt ist. Ich weiß nicht, wie lange man Dinge anders machen soll, bevor das Leben mit einem neuen Virus wieder normal weiterlaufen kann. Was ist überhaupt normal? War es vorher normal? Gibt es normal jemals wieder?Wahrscheinlich war es vorher ja auch nicht normal, nur glaubten wir das. Ich weiß nicht, ob ich Yogalehrer in der Pandemie sein will. Und dabei ist das natürlich Quatsch, schließlich sind ja auch gottlob Ärzte, Krankenschwestern, Physiotherapeuten in der Pandemie tätig. Die an allererster Front. Ich glaube nicht mal, dass ich Angst davor habe, krank zu werden. Ich bin einfach gerade in diesem Trott, der mir vorgibt, dass wir zuhause bleiben sollen. Habe ich mich einfach daran gewöhnt? Finde ich das etwa gut? Ich weiß es nicht. Ich werde wohl wieder anfangen müssen, zu unterrichten, um das herauszufinden. Aber vielleicht geht es dir ja ähnlich wie mir. Dann erzähl’s mir doch hier.