Ich hab mich noch nicht dazu entschieden, die Heizung einzuschalten. Warum, ist eine gute Frage. Es liegt jedenfalls nicht daran, dass ich denke, wir müssten an den Heizkosten sparen. Es ist vielmehr jedes Jahr so, dass ich – egal wie kalt es Anfang Oktober ist – das Gefühl habe, der Moment, in dem ich mich dafür entscheide, die Heizung einzuschalten, markiert das Ende des Sommers und den Anfang des Winters. Ich habe ihn noch nicht so richtig losgelassen, den Sommer. Ist also ein reiner Psychotrick. Die Heizung wird am Wochenende eingeschaltet. Punkt. Basta. Aus! Nein, ich meinte doch ein. In den letzten Tagen durchkroch mich morgens hier manchmal ein Frösteln. Und das ist der Moment, an dem ich an Golden Milk denke. Heute hab ich mir gleich mal eine gemacht. Das Getränk aus Kurkuma und warmer Milch stammt aus der ayurvedischen Küche und ist seit einigen Jahren in aller Munde. Irgendwie kam es mir in den letzten Jahren so vor, als hätte gelb grün abgelöst und diejenigen, die bislang Matcha Latte tranken, würden nun lieber Golden Milk bestellen. Sie soll ja, genau wie der Matcha auch, so sagenhafte Superkräfte haben. Aber wie gesund ist sie denn nun wirklich? Eines ist mal klar: Golden Milk wärmt. Und deswegen ist es auch gar nicht so doof, sie zu trinken, wenn man, so wie ich, noch keine Lust hat, die Heizung einzuschalten. Auf Matcha Latte habe ich übrigens aufgrund des hohen Koffeingehalts in den letzten Jahren verzichtet, da ich meine Kinder lange stillte. Als ich dann mal eine Golden Milk probierte, war ich ganz begeistert. Und dachte zunächst, sie könne den Kaffee ablösen. War aber dann doch für mich nicht die beste Idee …
Aber von vorne. Golden Milk oder Golden Latte ist warme Milch mit Kurkuma. Vom Kurkuma, einem Ingwergewächs aus Südostasien, hat die Milch dann auch ihre gelbe Farbe. Das Rezept basiert auf einer jahrhundertealten Tradition und kommt aus der ayurvedischen Küche. Ursprünglich reibt man ein Stück Kurkuma fein, verrührt es mit Wasser und gießt dann heiße Milch auf – das darf sowohl Kuhmilch sein als auch Pflanzenvarianten wie Soja-, Hafer- oder Nussmilch. Honig, Kokosöl und Gewürze wie Zimt, Pfeffer und Muskat oder Kümmel runden das Getränk geschmacklich ab. Heute nimmt man statt frischem Kurkuma das Gewürzpulver.
Curcumin stärkt die Gesundheit
In der traditionellen Medizin Indonesiens und Indiens verwendet man Kurkuma seit vielen Jahrtausenden als Mittel gegen verschiedene Krankheiten und zur Stärkung des Immunsystems. Das liegt an Inhaltsstoffen wie Curcumin. Curcumin ist ein sekundärer Pflanzenstoff. Auch die moderne Wissenschaft ist auf den Pflanzenstoff aufmerksam geworden. Die biologischen, molekularen Wirkungen werden zurzeit intensiv erforscht. In der traditionellen ayurvedischen Medizin wurde Curcumin vor allem zur Therapie bei entzündlichen Krankheiten und auch zur Stärkung der Gesundheit eingesetzt.
In den 80er-Jahren wurden Untersuchungen durchgeführt, die zeigten, dass die regelmäßige Einnahme von Curcumin zu einer Besserung der Beschwerden bei rheumatischer Arthritis führt. Ein Problem ist hierbei allerdings, dass die Bioverfügbarkeit von Curcumin sehr gering ist. Das heißt, Curcumin ist fettlöslich und in unserem Darm nur schlecht zu absorbieren. Daher sagt man, dass Curcumin zu 90 Prozent wieder ausgeschieden wird. Im Golden Latte behilft man sich daher mit kleinen Tricks: Pfeffer soll die Bioverfügbarkeit des Pflanzenstoffes erhöhen und wegen der Fettlöslichkeit wird Kokosöl in das Getränk gerührt. Die beiden Zusatzstoffe machen das Getränk durchaus schmackhaft und daher ist dagegen nicht viel zu sagen. Doch Experten bezweifeln, dass der Golden Latte therapeutischen Nutzen hat. Dafür ist die Menge des mit der warmen Milch aufgenommenen Curcumins wohl zu klein.
Vorsicht, Nebenwirkungen
Dennoch müsse man aufpassen: Nicht jeder vertrage das Gewürz, sagte mir Sabine Ritter, eine Apothekerin und Heilpraktikerin aus München und Autorin des Ratgebers „Nebenwirkungen natürlich behandeln“. „Einerseits ist Kurkuma ein Gewürz, das in Ländern wie Indien oder Sri Lanka sehr häufig in der Küche verwendet wird. Auf der anderen Seite ist es aber eine Arzneipflanze. Das bedeutet, dass es auch immer Nebenwirkungen geben kann. In der chinesischen Medizin sagt man, dass Kurkuma eine warme Pflanze ist. Wem Hitze oder Trockenheit nicht gut tun, sollte es daher nicht unbedingt einsetzen.“ Beispiele für Nebenwirkungen seien Magenbeschwerden, Blähungen und ein trockener Mund. Es sei völlig in Ordnung, Kurkuma ab und zu in der Küche zu verwenden, sagt Ritter, doch wer sich die Golden Latte jeden Tag selbst anrühre, müsse das erst einmal ausprobieren und vorsichtig sein. „Die trocknenden Effekte können durch Zugaben wie Mandelmus oder Agavendicksaft abgemildert werden, die Zugabe von Pfeffer und Ingwer verstärken sie hingegen wieder“, erklärte sie.

Der Herbst ist da. Deswegen wird es hier auf dem Blog jetzt warm. Foto: Anna Drews
Aufpassen müssten auf jeden Fall Menschen, die Blutverdünner nehmen. „Und wie bei so vielem haben wir auch für Schwangerschaft und Stillzeit keine fundierten Erkenntnisse“, sagte die Apothekerin. Sie musste sogleich schmunzeln, als ich ihr erzählte, dass ich noch stillte und dass ich mir manchmal nicht ganz sicher sei, wie meine Tochter auf die Golden Milk reagiere. Babies seien aus Sicht der chinesischen Medizin eher „warm“. Da Kurkuma eine wärmende Pflanze sei, könne es sehr gut sein, dass meine Tochter darauf reagiere. Ich habe daher während der Stillzeit die Golden Latte wieder weggelassen. Auf einen Kaffee am Morgen reagierte meine Tochter auf jeden Fall weniger. „Wie bei jeder Arzneipflanze können eben Wechselwirkungen mit anderen Medikamenten auftreten. Und diese können sowohl positiv als auch negativ sein“, erklärte Ritter.
Wer das Gefühl hat, Kurkuma zu vertragen und Lust auf eine Alternative zu Kaffee oder Tee hat, darf ruhig mal Golden Milk ausprobieren. Wer Fertigpulver kauft, sollte unbedingt auf die Inhaltsstoffe achten. Meist werden hier Zucker oder künstliche Aromen verwendet. Wie beim grünen Macha Latte auch, sollten keine Wunderdinge von der Golden Milk erwartet werden. Sie schmeckt durchaus und wärmt unumstritten.
Rezept:
etwas Kokosöl in einem Top erhitzen, 1/2 TL Kurkumapulver, 1/4 TL Zimt, 1/4 TL Ingwerpulver oder 1 cm frischen Ingwer dazugeben. Bei Bedarf kannst du mit den Gewürzen experimentieren und 1/4 TL Kardamom oder Muskat dazugeben. 250 ml Pflanzenmilch zu den Gewürzen gießen. Wenn Du möchtest, kannst du noch zwei Medjool-Datteln schneiden und dazugeben und das Ganze dann fünf Minuten köcheln lassen. Wenn ich keine Datteln habe, süße ich mit 1 TL Ahornsirup oder Honig. Etwas Pfeffer, fertig.