reConnectem… for free

Stille im Kopf – das ist was richtig Schönes. Manche brauchen ein ganzes Leben um das herauszufinden.

Ich schreibe es vorweg: Ich scrolle manchmal durch Instagram, während meine Kinder einschlafen sollen und ich habe in meinem Leben viele SMS verschickt, während ich stillte. Bekenne mich schuldig!

Am Freitag habe ich etwas beobachtet. Covid-19 hat seltsame Dinge in unser Leben gebracht. Dazu gehört, dass Eltern ihre Kinder an den Eingangstüren von Kindertagesstätten in Empfang nehmen, als würden sie am Morgen vorm Heiligen Abend in der Bäckerei die Brötchenbestellung abholen. Wenn es eine größere Einrichtung ist oder die Eltern auf neue Erzieher/innen treffen, hört sich das auch ein bisschen so an wie in der Bäckerei: „Den Levi, bitte.“ „Für mich die Juli.“ „Mit Sahne bitte“, rutscht mir manchmal raus. Ist albern. Weiß ich. Am Freitag kam ich zur Eingangstür. Ich musste nicht klingeln, weil vor mir schon weitere wartende Erziehungsberechtigte standen. Und auch eine Oma aus Asien. Die kenne ich schon vom Sehen. Jedes Mal wenn ich sie sehe, telefoniert sie sehr laut in einer Sprache, die ich nicht verstehe. Das ist ihr gutes Recht. Gut, die Lautstärke könnte sie drosseln, aber ich gehe einfach davon aus, dass sie vermutet, sie müsse die tatsächliche Distanz zu dem Gesprächspartner durch die Frequenz der Lautstärke überwinden. Mir ist aufgefallen, dass sie jedes Mal, wenn sie die Kinder (oder das Kind, meine Güte, so genau hatte ich es bislang nicht betrachtet) in Empfang nahm, das Mobiltelefon nicht aus den Augen lassen konnte. Die Gespräche waren meistens beendet, aber das Telefon immer noch das Objekt der Aufmerksamkeit. Ich dachte immer, da hat jemand wirklich Heimweh. Muss bestimmt noch die ganzen Nachrichten aus Asien sichten, da ist ne Menge los, das ist mir klar. Na ja. Seit Freitag weiß ich es besser.

Diesmal telefonierte sie gar nicht. Sie tippte wie verrückt auf ihr Smartphone ein. Dann kam das Kind. Da wurde gesprochen, ich habe nichts verstanden. Geht mich nichts an. Aber vor allen Dingen wurde weiterhin in die Tasten gehauen. Der Blick galt dem Smartphone. Nicht dem Kind. Und dann – ich dachte erst, die warten noch auf ein weiteres Kind – hatte sich die Oma vor dem Kind in die Hocke begeben, mit dem Rücken zu mir. Ich konnte – ich geb’s zu – einen Blick auf das Smartphone werfen. Sie spielte – und das habe ich recherchiert, ich kannte es nicht, Ehrenwort – reMovem free. Oder so etwas ähnliches, ich will mich nicht zu 100 Prozent festlegen, aber das was ich gesehen habe, entsprach meinen Recherche-Ergebnissen. Das ist … erschreckend. In erster Linie für das Kind. In zweiter – und das meine ich ehrlich – für diese Frau. Wie viel, habe ich mich gefragt, muss dieser Kopf aushalten, dass er permanent zugedröhnt wird? Mit einem Computerspiel. Während er gleichzeitig noch zuhören muss, was das Kind zu sagen hat. Es kam übrigens kein zweites Kind aus der Kita. Wahrscheinlich musste das Kind nur abwarten, bis Oma das Spiel zu Ende gespielt hatte. Dann setzten sich Kind und Oma zusammen in Bewegung. Ich glaube – ich bin mir nicht ganz sicher – da wurde das Smartphone weggepackt. Jetzt überlege ich mir, eine App zu entwickeln. ReConnectem … for free, soll die heißen.

Schöne Woche! Bleib achtsam!

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