Schlagwort: Atmung

Ich will den Herbst noch nicht spüren …

Der Juli ist vorbei. Das macht mich wehmütig. Irgendwie war dieser Sommer so kurz wie ein Windhauch – auch ähnlich angenehm. Im Juni kitzelte er mich, gab mir Energie.  Mein mentaler Espresso. Leichtigkeit war zu spüren, Erleichterung. In meinem Umfeld waren schnell mehr geimpft als ungeimpft – ich hatte den Eindruck, spätestens im September würden wir diese Pandemie in den Sack stecken können. Dann kam König Fußball, mit ihm der Regen und erschütternde Bilder aus englischen Fußballstadien. Das Verhalten von UEFA und den Fans auf den Rängen im Stadion – ein Hohn für die Schulkinder dieser Erde, denen wir eineinhalb Jahre lang erklärt hatten, sie müssten Abstand halten und Maske tragen. Unsere Sommerferien waren durchwachsen, irgendwer war immer erkältet, die Nachrichten lagen schwer auf meinen Schultern: Ganze Orte spülte es diesen Sommer weg. Deswegen wollte ich meine Ferien nicht schlecht finden, sondern da war vor allem Dankbarkeit. Als vor ein paar Tagen Wasser in unseren Keller spülte, blieb meine Laune gut. Ich meine: Bitte? Wasser im Keller?! Lachhaft. Das Haus steht so standhaft, ich werde nicht meckern!

Alles, was ich brauche

Auch mich beschäftigte, während ich bei meinen Eltern im Garten kurze Anflüge von Sommer genießen konnte, den Kindern beim Plantschen im Wasser zusah, die Frage: „Darf ich genießen, während andere leiden? Darf ich mich über meine Sommerferien freuen oder sollte ich doch lieber schnell ins Hochwassergebiet, meine Kinder den erkälteten Großeltern überlassen, und dort Hilfe leisten? Sehe ich die eigenen Probleme nicht stets als viel zu groß? Habe ich nicht immer Ausreden, um irgendetwas Gutes nicht tun zu können? Wie kann ich wahrhaftig ein besserer Mensch werden?“ Gleichzeitig konnte ich ein gutes Gespräch mit meiner Mutter über Dankbarkeit führen. Dankbarkeit für all den Reichtum in unserem Leben, auch wenn manchmal etwas schwer ist. Augenblicke des Glücks sind da, um sie zu genießen. Sonst wäre das Leben ja nicht lebenswert. Manchmal reicht ein Atemzug, zu erkennen, dass alles da ist, was man braucht. Daran arbeite ich. Ich erinnere mich häufig daran, atme tief in meinen Bauchraum, spüre die Pause zwischen dem Ein- und dem Ausatmen. Übe. Ich will noch nicht an den Herbst denken. Tröstlich, dass in Baden-Württemberg die Sommerferien gerade erst anfangen … Ich will nicht an das C-Wort denken.

Meine Yogapraxis hat gelitten, in den letzten Wochen. Mein Kopf ist zu schwer, die Nasennebenhöhlen dicht, an Umkehrhaltungen ist nicht zu denken. Davor waren die Kinder krank, zu betreuungsbedürftig, um Zeit für mich selbst zu finden. Ich hatte fast vergessen, dass ich nur auf meiner Matte sitzen und atmen darf. Sanfte Bewegungen im Atemfluss. Das geht auch mit Erkältung. Wie gut das plötzlich wieder war. Alles weggeatmet. Eingetaucht ins Leben. Auch wenn das Meer gerade zu kalt ist. Vermutlich ist das die beste Vorbereitung auf alles…

Lass den Bauch raus!

Wir wachsen mit dem Glauben auf, dass Atmung ein lebensnotwendiger Vorgang ist, der dazu dient, Sauerstoff aufzunehmen und Kohlendioxid abzutransportieren. Das ist ein Fakt. Es ist völlig richtig. Aber was kann Atmung noch? Darüber wird nie gesprochen. 

Atmen nicht vergessen!

Wer oder was auch immer dafür zuständig war, menschliche Körper zu konstruieren, muss unglaublich schlau gewesen sein. Stell dir mal vor, wir müssten multitaskingmässig immer daran denken, dass wir ein- und ausatmen müssen! Das würde wohl kaum gelingen. Ich erinnere mich an eine Situation während meiner Tauchausbildung. Wir lernten dabei, unsere Ausrüstung unter Wasser einmal komplett abzulegen und sie dann noch einmal anzuziehen. Ich war so beschäftigt damit, das Wirrwarr an Ausrüstung, das ich gerade unter Wasser abgestreift hatte, zusammenzusuchen und an den richtigen Stellen meines Körpers zu platzieren, dass ich das Atmen schlichtweg vergessen hatte. Keine Ahnung, ob ich im Gesicht schon blau angelaufen war oder mein Tauchlehrer, der glücklicherweise irgendwie vor mir im Wasser schwebte, an der Hektik meiner Bewegungen gespürt hatte, was los war. Auf jeden Fall hatte er mich ganz ruhig – wie es so seine Art war – und mit den richtigen Zeichen darauf aufmerksam gemacht, dass ich sehr wohl die Möglichkeit hatte, durch meinen Atemregler Luft einzuatmen. Ja, so würde mir das wahrscheinlich auch an Land gehen. Und da wäre dann vermutlich niemand dabei, der mich ständig dran erinnert, Luft zu holen …

Die Atmung wird durch unseren Hirnstamm gesteuert, ohne dass wir darüber nachdenken müssen. Sie ist aber auch erstaunlicherweise die einzige vegetative Funktion unseres Körpers, die wir beeinflussen können. Nur leider vergessen wir das meistens. Beziehungsweise viele wissen es gar nicht.

Warum effektives Atmen wichtig ist

Zurück zu den bekannten Fakten: Sauerstoff gelangt beim Einatmen in die Lungen und wird dann an das Blut abgegeben. Das Blut verteilt den Sauerstoff im ganzen Körper und befördert Kohlendioxid als Abfallprodukt des Stoffwechsels zurück. So atmen wir das Kohlendioxid wieder aus. Durch unseren Stress im Alltag, verlernen wir schnell effektiv zu atmen. Wer immer schnell und oberflächlich atmet, versorgt seinen Körper mit weniger Sauerstoff und atmet zudem zu wenig Kohlendioxid ab. Wer beim Einatmen die Schultern hebt und den Bauch einzieht, setzt nur einen geringen Teil der Lungenkapazität ein. Wir atmen automatisch, aber wir atmen nicht automatisch richtig. Die Atmung wirkt auf unsere Nerven, unsere Muskeln und Faszien. Damit beeinflusst sie auch unser Stressempfinden. Und letztlich entscheiden wir immer selbst, wie wir atmen. 

Hör auf, den Bauch einzuziehen

Vielleicht bist auch du mit dem Glauben aufgewachsen, zu dem westlich geprägten Bild von Schönheit gehöre – besonders bei Frauen – ein flacher Bauch. Und dann hast auch du vielleicht spätestens ab dem Teenageralter deinen Bauch eingezogen, wann immer du daran gedacht hast. Nun versuche mal, mit eingezogenem Bauch in den Bauchraum zu atmen! Das kann kein Mensch! Wir haben also, bedingt durch Schönheitsideale und Normen, die uns die Gesellschaft auferlegt, verlernt, vernünftig zu atmen. Und das Fatale daran ist, es geht auf unsere Gesundheit. Wenn ich wirklich darauf achte, stelle ich fest, dass die wenigsten Menschen überhaupt wissen, wie sie in den Bauchraum atmen können statt in den Brustkorb. Auch ich war lange Zeit Brustkorbatmer. Wie lange, kann ich nicht sagen, denn natürlich erinnere ich mich nicht an den Moment, in dem ich verlernt hatte, das Spektrum meines Zwerchfells vollends auszunutzen. Heute kann ich das wieder. Und ich stelle, bei einer bewussten Bauch- oder auch Zwerchfellatmung sofort fest, wie ich ruhiger werde.

Meinen Schülern/innen sage ich immer: „Mut zum Bauch.“ Ich hoffe, du hast es auch.

Wellness ist nicht lebenswichtig – eine optimierte Atmung schon

Thorsten Ribbecke ist wissenschaftlicher Referent an der Trainerakademie des Deutschen Olympischen Sportbundes. Er war jahrelang als Trainer in der Handballbundesliga tätig und ist auch verantwortlich für die DOSB Athletiktrainerausbildung. „Corona“ macht uns alle platt. Nervt, zehrt an unseren Kräften, sorgt für wenig Schlaf und Zerrissenheit. Deswegen habe ich mit Thorsten Ribbecke über Regenerationsstrategien gesprochen, die nicht nur für Hochleistungssportler gelten.

In deiner Arbeit beschäftigst du dich vor allem damit, wie Hochleistungssportler Angaben über den körperlichen und mentalen Zustand erhalten und darüber eine passende Trainingsform entwickeln. Ein großer Aspekt dieser Arbeit sind Regenerationsstrategien. Kannst du ein bisschen was dazu erzählen?

Natürlich erhalten Sportler Daten und Angaben zur Selbstreflexion. In erster Linie ist das sogenannte Monitoring jedoch für die Trainer wichtig, um zu sehen, wie bereit der Sportler für die Trainingseinheit ist. Er kann auch sehen, inwieweit sich der Sportler seit der letzten Trainingseinheit erholt hat. Ist das nicht der Fall, müssen Inhalte im Training angepasst werden und Regenerationsstrategien angewendet werden. Diese sind situativ und individuell anzuwenden. Ein einfaches Beispiel: Es gibt Menschen, die lieben die Sauna, andere haben gar keinen Zugang zu Wärme – und mögen das Eisbad. Jetzt muss man allerdings aufpassen: Es gibt Situationen, da wäre ein Eisbad  – auch wenn man das gerne mag – absolut unklug. Ein Eisbad reguliert Entzündungen herunter. Und es gibt Situationen im Tainingszyklus – beispielsweise im Trainingsaufbau – da soll die Entzündung gar nicht herunterreguliert werden. Sie ist ja schließlich eine kluge Reaktion des Körpers. Sie bedeutet Anpassung. Der Körper macht das nicht umsonst. Einfaches Beispiel ist hier ein Muskelkater in der Vorbereitungsphase. Den sollte man dann vielleicht aushalten und nicht mit einem Eisbad bekämpfen. Bist du allerdings in der Wettkampfphase, macht es natürlich Sinn, dem Muskelkater mit einem Eisbad entgegenzuwirken. 

Nun wollen wir beide aber heute gar nicht so sehr über den Leistungssportler sprechen, sondern um Menschen wie dich und mich. Du sagst, Atmung, Schlaf und Ernährung sind die drei Komponenten, die für eine bestmögliche Regeneration sorgen. Würdest du sagen, dass diese drei Bausteine auch den Nicht-Sportler leistungsfähiger machen?

Es ist egal, ob du Mama oder Manager bist oder Olympiasieger werden möchtest – diese drei Komponenten sind ausschlaggebend für die Leistung, die du bringen musst. Ich sage immer gerne: Du kannst, ohne eine einzige Tafel Schokolade in deinem Leben gegessen zu haben, problemlos 100 Jahre leben. Du kannst auch so lange leben, ohne einen einzigen Saunagang gemacht zu haben. Wellnesstrategien, die aus unserer heutigen Sicht unheimlich wichtig erscheinen, sind nicht lebenswichtig. Du kannst aber nur fünf bis zehn Minuten ohne Atmung überleben, ohne Trinken etwa vier bis sieben Tage, ohne Schlaf nur etwa zwei Wochen und ohne zu essen schaffen wir eventuell ein bis zwei Monate. Daher macht es Sinn, sich mit der Optimierung dieser drei Bausteine zu beschäftigen.

Woran liegt es denn, dass die Optimierung der Atmung beispielsweise weniger Ernst genommen wird, als der Wunsch nach dem Saunagang?

Der Saunagang ist einfacher. Wenn ich die Komponenten Atmung, Schlaf und Ernährung optimieren möchte, muss ich mir Gedanken um eine Tagesstruktur machen. Alleine wenn es um Ernährung geht, brauche ich eine gute Planung und unter Umständen Vorbereitung. Es ist ja auch nichts gegen den Saunagang zu sagen, wenn er gut tut und eine Auszeit bietet. Alles wunderbar. Aber wenn ich eine gute bewusste Atmung habe, dann schlafe ich auch besser. Wenn ich mich gesund ernähre, bin ich tagsüber weniger müde, beeinflusse den Tagesrhythmus besser. Den wenigsten Menschen ist bewusst, dass Entgiftung zu 70 Prozent über die Atmung, 20 Prozent über die Haut, 10 Prozent über Verdauungsorgane funktioniert.

Was hast Du in Deinen Recherchen zum Thema Ernährung herausgefunden? 

Hier zitiere ich gerne Tom Fox, einen Ernährungstherapeuten, der einmal gesagt hat: „Je mehr sich die Menschen der Religion abwenden, umso mehr wenden sie sich der Ernährung zu.“

Man muss sich, wenn man über Ernährung spricht, erst klar werden, worum es geht: Unterhalten wir uns über eine ethische Ebene oder geht es um Biologie? Das nächste ist: Wir müssen uns die Frage stellen, wo wir herkommen, bevor wir über optimierte Ernährung sprechen. Dazu erzähle ich ein Beispiel aus der Deutschen Eishockeyliga. Hier gab es vor einigen Jahren folgendes Problem: Ein Spieler aus Alaska kam in ein deutsches Team, toller Spieler, performte grandios. Nach drei Monate: Totalausfall. Die Leistung des Athleten nahm ab, er fühlte sich müde, war ständig verletzt. Und irgendwann stellte man ihm die Frage: Was hast du verändert, seit du hier in Deutschland bist? Und er erzählte dann von seiner Ernährung. Der hatte in Deutschland erst mal nur Kohlenhydrate zu sich genommen. Da wurde er sofort auf Low Carb gesetzt. Der Athlet hatte seine Ernährung aufgrund der unterschiedlichen Kulturen zweier Länder mehr oder weniger unbeabsichtigt komplett umgestellt. Aus einem Leben, in dem täglicher Verzehr von Fisch etwas normales war, kam er in eine Welt, in der hauptsächlich Kohlenhydrate auf dem Speiseplan stehen. Das konnte nicht funktionieren. Der Mensch benötigt etwa 6000 Generationen, um seinen Stoffwechsel anzupassen. Das sind ca. 50.000 bis 100.000 Jahre. Getreide gibt es erst seit 8000 Jahren. Da wundert es nicht, dass einige Gluten nicht gut vertragen oder warum Asiaten immer noch eine Laktoseunverträglichkeit haben. 

Ernährung wird – wie du ja auch mit den Worten von Tom Fox deutlich gemacht hast – schnell zur Glaubenssache. Wie gehst du damit dann um, wenn du Athleten vor dir hast, die du schulen möchtest?

Natürlich ist die Qualität von Produkten nicht außer Acht zu lassen. Es macht schon Sinn, darauf zu achten, wo das Essen herkommt, wie es produziert wurde. Aber manchmal muss man auch die Kirche im Dorf lassen. Ernährung darf nicht zur Belastung werden. Man soll auch seine Mitmenschen nicht damit in den Wahnsinn treiben – was ich tatsächlich auch schon getan habe, weil ich eben auch Dinge manchmal ausprobieren muss. Ich glaube, es ist immer ein guter Rat, etwas nicht zum Dogma werden zu lassen.

Kommen wir zu meinem Lieblingsthema. Der Atmung. Wie atmet man denn „effektiv“?

Dazu kann man selbst verschiedene Punkte beachten: Beispielsweise, wie oft man in der Minute atmet. Die Frequenz sollte 10-14 Atemzüge pro Minute nicht übersteigen. Ein wichtiger Aspekt: Atmet man während der alltäglichen Aktivitäten manchmal durch den Mund? Atmet man während des Schlafes durch den Mund? Schnarcht man? Wie schwer atmet man während man sich ausruht? Wie sehr heben sich Brust und Bauch beim Atmen an? Ist die Atmung während des Ausruhens hörbar? Beobachtet man mehr Brust- als Bauchbewegung beim Atmen? Seufzt man regelmäßig am Tag? Regelmäßiges Seufzen ist ein Merkmal von chronischem Überatmen. Macht man im Alltag die Erfahrung von nasaler Überlastung, Verengung der Atemwege, Erschöpfung, Schwindelanfälle oder Benommenheit? Leidet man unter Atemwegserkrankungen wie beispielsweise Asthma?Leidet man unter metabolischen Erkrankungen wie Diabetes, Herzerkrankungen? Eine optimierte Atmung kann tatsächlich geübt werden. Der erste Schritt wäre die Umstellung auf eine ganztägige Nasenatmung. Durch diese Beanspruchung wird das Zwerchfell gestärkt.

Wer Sport treibt, sollte selbst beim Training versuchen, so viel wie möglich die Nasenatmung anzuwenden. Ein Trick vor dem Schlafengehen bei Schnarchen: 15 Minuten vor dem Schafengehen die Atmung verlangsamen. Ein Lippenpflaster (Myotape) ist eine Möglichkeit im Schlaf eine nächtliche Nasenatmung zu gewährleiten.

Und was sind mögliche Folgen von ineffektiver Atmung?

Ein Beispiel: Ist das Zwerchfell in seiner Funktion gestört, verändern die anderen Muskeln ihrerseits ihre Funktion und laufen Gefahr, zu überlasten. Dadurch vermindert sich auch die Beweglichkeit der Brustwirbelsäule, was zu Schmerzen im Rücken- und Beckenbereich führen kann. Es besteht die erhöhte Gefahr von Atemwegserkrankungen wie Asthma. Ebenso besteht die Gefahr von Inkontinenz – was im Übrigen 33 Prozent der Leistungssportler betrifft.

Als Yogalehrerin weiß ich, dass das Thema Atmung nicht immer auf großes Interesse stößt. Atmen funktioniert automatisch, ist eine Meinung. Ich habe das Gefühl, für viele Menschen geht die achtsame Beschäftigung mit der Atmung zu sehr in die Tiefe. Wie gelingt es dir, Leistungssportler von deinen Strategien zu überzeugen?

Gutes Marketing ist alles (lacht). Das habe ich selbst erst einmal lernen müssen. Ich habe zu Beginn meiner Tätigkeit gemerkt, dass die Athleten sich während meiner Vorträge zu den Themen Meditation und Atmung null abgeholt fühlten. Ich habe dann schon an deren Gesichtern gesehen, dass sie dachten: Komm mir nicht mit dem esoterischen Scheiß. Ich bin dann wirklich einige Male frustriert nach Hause gefahren. Und dann habe ich die Strategie gewechselt. Ich arbeite beispielsweise sehr viel in der Handball-Bundesliga. Dort sind viele Jungs absolute Fans von der amerikanischen NBA und NFL. Und als ich dann begonnen habe, denen zu erzählen, dass harte Hunde wie Shaquille O’Neil, Michael Jordan, LeBron James, Russell Wilson und so weiter, meditieren, da waren die auf einmal ganz Ohr. Plötzlich kamen sie zu mir, fragten mich nach Meditations-Apps. Und genauso ist es eigentlich mit jeder Branche. Du musst schauen, wo du die Leute am besten mit dem Thema packen kannst. 

Wie verknüpfst du dieses Wissen mit deinem eigenen Alltag? Meditierst du oder bist du einfach jemand, der sehr bewusst und aufmerksam atmet?

Meine Meditationspraxis war tatsächlich schon mal regelmäßiger, das liegt am Alltag – meine Frau arbeitet in einem Landwirtschaftlichen Betrieb, da ist momentan natürlich absolute Hochsaison, wir haben zwei schulpflichtige Kinder, ich bin berufstätig. Aber dafür achte ich ziemlich auf gesunde Ernährung, und ich habe meine eigene Strategie entwickelt, wie ich gut schlafen kann. Da muss ich beispielsweise auch satt sein und hochdosiert gutes Magnesium zu mir genommen haben. Dann steige ich momentan jeden Tag aufs Rad und übe da aktiv an meiner Atemtechnik. Beim Radfahren habe ich eine ziemlich gute Kontrolle über meinen Puls und spiele dann auch damit. Beispielsweise teste ich aus, wie lange ich eine Nasenatmung aufrecht erhalten kann. Was ich in der Corona-Pandemie für mich wiederentdeckt habe, ist die Musik. Ich habe mir seit langem mal wieder eine Gitarre gekauft und wenn ich merke,ich komme am Schreibtisch gerade nicht weiter, mein Kopf ist dicht, dann setze ich mich kurz hin und spiele Gitarre. Danach kann ich dann wieder weitermachen. Das ist momentan sozusagen meine Meditation.

Thorsten Ribbecke hat ein Buch zu diesem Thema geschrieben. Es heißt: Regenerationsstrategien. Neue Reserven durch Erholung und Monitoring und ist im Pflaum Verlag erschienen.

Die Espresso-Meditation

So langsam fühlt sich der Lockdown an, als wolle er nie enden. Wie kommt man da durch, wenn egal wo im Raum ich mich befinde, die Perspektive unauffindbar scheint? Einmal am Tag alles auf den Kopf stellen, hilft. Aber die Perspektive habe ich dann immer noch nicht gefunden. Nur am Dienstagabend, da hatte man für einen kurzen Moment das Gefühl, der ganze Planet würde tanzen …

Eine halbe Stunde im Lotussitz …

Ich erinnere mich noch daran, als ich meiner Atemlehrerin erzählte, ich hätte – ungefähr als meine jüngste Tochter ein knappes Jahr alt war – das dringende Bedürfnis gehabt, Meditationen wieder in meinen Alltag zu bauen. Jeden Morgen, am liebsten eine halbe Stunde – so hatte ich mir das vorgestellt. Was soll ich sagen, dieses Projekt ging völlig schief. Es war immer was. Ein Kind krank, eins beim Weinen, dann wollte ich in vier Stunden ohne Kinder immer siebenhundert Termine packen. Uhh, für die Meditation war ich da einfach zu gestresst 😉 Keine Zeit. Meine Lehrerin lachte herzlich darüber. Es scheint ein Klassiker zu sein. Wer bringt uns auch schon bei, dass Meditation eigentlich überall und nahezu jederzeit möglich ist? Dass wir keine halbe Stunde brauchen, um uns daran erinnern zu können, achtsam mit uns selbst oder anderen umzugehen? Und dass sie auf gar keinen Fall dazu führen soll, dass wir uns noch gestresster fühlen als wir uns ohnehin schon fühlen. Ich stelle mir es bildlich vor, wie ich jammernd bei einer Therapeutin sitze und ihr erzähle: „Täglich meditieren zu wolle, setzt mich so wahnsinnig unter Druck …“ Die weitläufige (westliche) Vorstellung von Meditation beinhaltet das Sitzen im Lotussitz (alleine daran würden ja schon 99,9 Prozent der Menschheit scheitern) während mindestens einer halben Stunde. Etwas anderes ist Meditation in unseren Köpfen zunächst einmal nicht. Dabei hat doch schon jemand versucht, es uns sehr früh beizubringen: Beppo Straßenkehrer aus dem Buch Momo: „Man darf nie an die ganze Straße auf einmal denken, verstehst du? Man muß nur an den nächsten Schritt denken, an den nächsten Atemzug, an den nächsten Besenstrich. Und immer wieder nur an den nächsten (…) Dann macht es Freude; das ist wichtig, dann macht man seine Sache gut. Und so soll es sein.“ Das sagte er, und es hieß nichts anderes als tue etwas achtsam und es ist Meditation (und der Schlüssel zum Glück nebenbei).

Meditation wie ein Espresso

Es ist noch nicht lange her, da hörte ich das erste Mal etwas von der (Achtung fancy inszenierter Name!) Instant Meditation. Wie Instant Kaffee. Nur besser eben. Instant Meditation bedeutet, „mehrmals am Tag in unseren Aktivitäten innezuhalten und mit wohlwollendem Interesse bei uns selbst vorbeizuschauen“, schreibt Lienhard Valentin in dem Buch achtsamkeit. mitten im leben (Hg: Britta Hölzel und Christine Brähler). Das kann man – ja müssen wir sogar – lernen. Es geht dabei eigentlich nur darum, die Aktivität, die man gerade ausübt, für einen kurzen Moment zu stoppen, innezuhalten und sich wirklich ernsthaft die Frage zu stellen, wie es uns gerade geht. Wenn wir merken, dass wir angespannt sind, lautet die nächste Frage, wie wir uns dabei helfen können, diese Anspannung im besten Fall zu lösen, oder uns selbst so zu unterstützen, dass unsere Anspannung uns nicht im nächsten Moment komplett aus der Fassung bringt.

Post-it nicht vergessen!

Ich habe es mir wirklich angewöhnt, mich daran zu erinnern, dass ich überall und nahezu in jeder Körperhaltung tief in meinen Bauchraum atmen kann. Das genügt manchmal schon, dem aufkommenden Wutanfall einer Fünfjährigen standzuhalten. Oder besser gesagt: ihr dann auf Augenhöhe zu begegnen statt als genervter Erwachsener. In dem Buch Mind Gym habe ich gelesen, dass Motivationscoach Gary Mack seinen Topathleten den Rat gegeben hat, sich orangefarbene Sticker mit der Aufschrift „Breathe and Focus“ überall hin zu kleben. Ein Hockeyspieler klebte sie beispielsweise auf den Schläger, ein Baseballspieler klebte ihn unter den Schirm seiner Kappe … Ich glaube, für den Rest des Lockdowns mache ich mir Post-its mit den Hinweisen: „Einatmen. Ausatmen.“ und „Wie geht es mir?“

Wie hilfreich wäre es gerade jetzt, wenn wir die Instant-Meditation verinnerlicht hätten? So schwer ist das ja nicht. Wir müssen uns lediglich daran erinnern, dass wir uns die Frage „Wie geht es mir?“ mehrmals täglich stellen dürfen. Wie wohltuend es ist, tief ein- und auszuatmen. Und dass es nicht verwerflich ist, wenn wir darauf achten, dass es uns gut geht, denn nur dann können wir auch wirklich anderen Gutes tun.

Lauschangriff und Lesestoff vom 15.1.2021

So, hier ist dann nun auch endgültig die Weihnachtsferien-Stimmung vorbei. Meine Zweijährige sagte mir am Dienstag in aller Deutlichkeit: „ICH WILL MEINE KITA“ Tja, so kriegt jeder von uns mal den Lagerkoller. Meine bisherige Pandemie-Überlebensstrategie lautete: nicht zu viel Zeitung lesen, nicht zu viel Fernsehen wenn es um Corona geht. Mir wird da viel zu viel geredet und diskutiert, das ertrage ich nicht so gut. (Ich sage es aber auch gleich mal dazu: Ich gucke mir auch keine Action- und schon gar keine Horrorfilme an. Wenn ich Fernsehen gucke, dann muss ganz klar sein, dass in dem Film nicht besonders viel passiert. Schon gar nichts Schlimmes.) Aber die Sendung Sternstunde Philosophie auf SRF, dem Schweizer Fernsehen, habe ich mir angeschaut. Dass sie mich so fasziniert hat, mag auch an der ruhigen und besonnenen Art von Philipp Blom gelegen habe, aber vor allem fand ich das was er gesagt hat, einfach wahnsinnig wichtig, spannend und weitsichtig. Auch erschreckend und etwas … perspektivlos. Er hat beispielsweise gesagt, dass wir akzeptieren müssten, dass diese Pandemie womöglich nicht ein einzigartiges Ereignis sei, sondern sie eine Konsequenz desselben  Phänomens wie die Klimakatastrophe, nämlich aus der Tatsache entstanden sei, dass wir immer tiefer in die Natur eingreifen. Systeme verändern und so weiter.

Der Planet braucht uns nicht so sehr …

Er sagte auch: „Wir glauben eigentlich instinktiv wir stehen über der Natur. Wir sind etwas anderes. Wir sind schon etwas unangenehm berührt, wenn wir als Säugetiere angesprochen werden.“ Ich habe so etwas wie eine Corona-Pandemie niemals kommen sehen, natürlich nicht. Aber das, was Blom sagt, habe ich schon oft gedacht. Wieso denken wir eigentlich, uns Menschen stehe alles zu? Wieso vergiften wir Nahrungsmittel, um noch mehr davon produzieren zu können? Beispielsweise. Wieso behandeln wir Tiere wie Scheiße, nur weil wir denken, wir müssten sie essen, um zu überleben. Und wieso schreiben wir Völkern vor, wir wüssten, wie sie zu leben haben? „Der Mensch ist für den Planeten nicht so besonders wichtig“, sagte Blom. Lange beispielsweise nicht so wichtig wie Ameisen … Think about it! Menschen sind vor allem für Menschen wichtig.

Ob Blom Recht hat oder nicht mit seiner Vermutung, dass wir in den nächsten Jahrzehnten noch weitere Pandemien erleben werden oder nicht, wer weiß es schon? Ich bin auf jeden Fall gespannt, ob unsere Kinder in 20 Jahren darüber lachen, dass wir uns heute in unserer Freiheit eingeschränkt fühlen, weil wir manchmal dazu angehalten sind, einen Mundschutz zu tragen … Und ob sie ganz andere Probleme mit sich herumtragen müssen …

Scheitern darf sein

Wahnsinnig gut getan hat mir mal wieder die kluge Claudia Schaumann. Du kennst sie natürlich. Ihren Blog Wasfürmich lesen 50.000 Leser. Und bevor sie sich in ihre Winterpause verabschiedete, schrieb sie diesen Artikel, der vermutlich all meinen Freundinnen aus der Seele spricht. Und während ich ihn las, dachte ich natürlich: Und mir besonders! 😉

Nur Zeit zum Atmen

Gehört habe ich in dieser Woche nur einen Podcast. Es blieb einfach für keine Zeit für mehr. Dafür war der aber auch auf Englisch, ich musste also ganz genau zuhören – da konnte ich nicht nebenbei noch Kochtöpfe spülen! Es ging um ein Thema, dass nicht einfach nur so nebenbei abgehandelt werden konnte. Wie es der Zufall so will bin ich auf den Podcast von wemove.world aufmerksam geworden. Es geht da nämlich um Bewegung und Atmung, wichtige Dinge! Das Interview mit Patrick McKeowne, dem Atemexperten unserer Zeit, ist zwar schon fast ein Jahr alt, hat mich aber sehr gefesselt. Der Titel dieser Podcastepisode lautete: „Is the way you breathe holding you back?“ Jetzt will ich unbedingt McKeownes Bücher lesen!

Veganes Ei – der Crashkurs

Vielleicht hast du auch schon vom Veganuary gehört. Eine britische Organisation hat ihn 2014 zum ersten Mal ins Leben gerufen. Da das neue Jahr ja oft und gerne zum Anlass genommen wird, Vorsätze anzugehen und derjenige, weniger Fleisch zu essen, mittlerweile in jedes Hirn vorgedrungen sein sollte, ist das doch eine gute Sache. Viele Prominente, Blogger, und Influenzier machen mit und sogar Lebensmittelhersteller nehmen das zum Anlass ihre veganen Produkte zu bewerben – wenn’s das Ziel, Menschen dazu zu animieren, weniger Fleisch zu essen, unterstützt – super! Deswegen gibt es heute hier den aktuellen Blogbeitrag von Natalie von yayfortoday. Ich liebe veganes Rührei. Wahrscheinlich weil ich finde, dass es so gar nicht nach Rührei schmeckt. 

Priorität: Einatmen, Ausatmen

Im November ist meine Yogapraxis sehr einfach geworden. Na ja, ich muss fast sagen: Ich bin froh, dass da überhaupt wieder so etwas wie eine Yogapraxis stattfindet. Ich habe angefangen, in meinem Alltag als Mama und Selbständige wieder Prioritäten zu setzen und gehe auf die Matte. Und ich bin danach so unheimlich wach, gestärkt und zufrieden. Und alleine das ist wundervoll. In meinem Kopf fühlt es sich so an, als hätte der Ostseewind einmal durch jede Ritze meines Gehirns gepustet, als hätte ich noch einen starken Espresso gehabt – nur ohne Magenschmerzen. Es ist so gut. Mir reichen 30 bis 45 Minuten. Und die Praxis ist – wie schon erwähnt – wirklich simpel. Ich sitze kurz und atme in meinen Bauchraum, ich gehe in den Kniestand, atme ein und schiebe meinen Po dann ins Kind. Ich atme aus, hebe mich in einen Vierfüßler mit der Einatmung und gehe ausatmend zurück ins Kind. Ich mache den Herabschauenden Hund, fließe ein paar Mal durch den Sonnengruß, weil er meinem Rücken so gut tut, mache immer – wirklich in jeder Praxis – einen Krieger 2, eine Umgekehrte Winkelhaltung und einen friedvollen Krieger (meine Schüler kennen das …) und seit November jedes Mal das Dreieck und dann – als Top Asana sozusagen – das gedrehte Dreieck. Puh. Also von wegen simpel. Das fällt mir nämlich schwer, ich finde es recht anspruchsvoll. Danach vielleicht noch eine Brücke, die sitzende Vorbeuge, den Fisch wenn es sein muss und Savasana. Ende aus.

Ritterrüstung angeatmet

Dabei habe ich so gut geatmet, ich fühle mich so als sei ich gegen jeden kommenden Wutanfall von Unter-Sechs-Jährigen gewappnet. Als würde mein Atem mich durch den Tag tragen, komme was wolle. Als hätte ich mir eine Ritterrüstung angeatmet. Ich liebe das. Ich habe lange nicht so gut geatmet wie in den letzten Wochen. Und es fühlt sich wirklich so an, als trage mich der Atem durch Hochs und Tiefs. Was natürlich ein Trugschluss ist, denn wir können ja nie auf alles vorbereitet sein. Aber egal. Alleine die Illusion, dass ich meine Ritterrüstung bei mir trage, fühlt sich gut an. Wie verächtlich ich früher immer die Augen verdrehte, wenn ich las, dass am Abend, wenn die Kinder nicht einschlafen wollten, nur Ein- und Ausatmen helfe … Heute empfinde ich das wirklich so. Wenn ich die Luft in meinen Bauchraum strömen lasse, egal wo ich gerade bin, entsteht so viel Entspannung. Und so bringt mich meine Atmung durch meinen Alltag. Nichtigkeiten. Erste-Welt-Probleme.

Pausen sollen aktive Prozesse sein

In dem Podcast Besser leben mit Yoga von yogaeasy hat Professor Doktor Ingo Froböse von der Deutschen Sporthochschule in Köln im Interview mit Kristin Rübsamen im August gesagt: „Kein Mensch kann bei den Tagesthemen entspannen. Der Konsum von Medien kann keine Regeneration sein. Pausen sollen ein aktiver Prozess sein. Sportler werden durch Pausen richtig gut. Die Pause muss zur Leistungsfähigkeit passen. Belastung und Regeneration müssen als Zwillinge betrachtet werden.“ Yoga verbindet Bewegung mit Pause. Und der bewusste Fokus auf unsere Atmung macht etwas mit uns. Er versetzt uns in einen meditativen Zustand.

Alle Gefühle willkommen

„Kein Mensch kann bei den Tagesthemen entspannen“ – für mich klingt das ziemlich logisch. Die Flut an negativen Nachrichten ist anstrengend für uns. Schnelle Fernsehbilder sind es auch. Vielleicht setzt du dir auch wieder deine Entspannungs-Priorität. Muss ja nicht Yoga sein. Und wenn es doch Netflix sein muss … dann such dir vielleicht was Herzerwärmendes raus … 😉 Jetzt ist der Advent ja bald. Mein diesjähriges Motto dafür: „All feelings are welcome“. Vielleicht will ich in diesem Advent gar nicht jeden Tag voller Vorfreude sein. Vielleicht bin ich manchmal Lichter- und Sterne-müde, vielleicht traurig, vielleicht fühle ich mich mal gar nicht so stark und an anderen Tagen habe ich mich wieder high geatmet, freue ich mich auf eine Jahreszeit, die ich wirklich mag. Mal sehen.

Essen, Schlafen, Atmen

Auf vielen Blogs, die ich selbst gerne lese, wird zurzeit über Strategien berichtet, wie wir uns die  Pandemie-Zeit verschönern können. Oder auch: wie wir sie überleben können. Ich nehme mich da nicht aus, ich habe das auch in den vergangenen Artikeln schon mehrfach getan. Basteltipps, die Kinder beschäftigen, Rezepte, die gute Laune machen, Inspiration für Sport an der frischen Luft, der das Immunsystem stärken soll, Dinge, die uns glücklich machen und dann natürlich das, was sowieso immer hilft: sich bewusst machen, wofür man eigentlich dankbar sein kann – tolle Tipps. Sie helfen wirklich. Und machen wirklich gute Laune.

Es gibt aber drei Komponenten, die wir nicht vergessen sollten, und ich weiß aus eigener Erfahrung, dass wir sie vergessen. Regenerationsspezialist Thorsten Ribbecke, der an der Trainerakademie des Deutschen Olympischen Sportbundes in Köln arbeitet, sagt: „Schlaf, Ernährung und Atmung – das sind die drei Bereiche unseres Lebens, die für bestmögliche Erholung sorgen. Und was für Leistungssportler gilt, sollte für jeden Menschen gelten.“

Ernährung ist immer emotional

Ich bin Yogalehrerin. Stimmt. Aber schaue ich mir die drei Bereiche in meinem Leben genauer an, dann tut sich mir die erstaunliche Realität auf: Die drei Komponenten lassen bei mir zu wünschen übrig. Ich glaube, der Bereich Ernährung ist noch der, der mir am besten gelingt. Immer noch nicht so gut, wie ich es eigentlich möchte, aber immerhin. Ich würde gerne mehr Ayurveda einbringen, gelingt mir noch nicht. Auch wenn ich hier auf dem Blog gerade jede Menge Komfort-Food feiere, achte ich sehr darauf, womit ich meinen Körper nähre. Ich kaufe nie Fertiggerichte, wir kochen immer bis auf ganz wenige Ausnahmen – wenn wir mal Thai-Food holen, weil es gerade organisatorisch nicht anders geht – selbst, kaufen ausnahmslos Bioprodukte und zwei Mal die Woche decke ich mich beim Ökobauer meines Vertrauens mit reichlich Obst und Gemüse ein. Sogar die Nüsse kaufe ich mittlerweile beim Demeter-Bauer. Ich süße wenn, dann meistens mit Honig, Datteln oder Ahornsirup und esse kein Fleisch. Ich trinke nie mehr als zwei Tassen Kaffee am Tag – mein Arzt behauptet übrigens, der zweite wäre so wichtig … Ich trinke nie Alkohol, keine Limonaden. An die letzte Cola kann ich mich nicht erinnern. Muss man so nicht machen. Ich sage damit nur, erstaunlicherweise ist die Komponente Ernährung vermutlich die, die am besten bei mir funktioniert. 

Schlaf wird nicht überbewertet

Schlaf?! Toll. Nehme ich. Glaubt man Ribbecke, ist das der Punkt, der am wenigsten für Diskussionen sorgt. „Das ist jedem, wenn es um Regeneration geht, klar. Das ist auch, im Vergleich zu Ernährung beispielsweise, kein Thema, das emotional schnell hochkochen kann, weil plötzlich auch noch so etwas wie Ethik oder Umweltschutz eine Rolle spielt und weil Ernährung generell ein sehr persönliches Thema ist.“ Die meisten Menschen schlafen ja auch gerne. Aber gut? Ich schlafe seit über fünf Jahren wirklich meistens schlecht. Ich habe seit über fünf Jahren nicht mehr durchgeschlafen. Angefangen hat das in meiner ersten Schwangerschaft; mir war da fünfeinhalb Monate lang so schlecht, dass ich mir morgens wünschte, es wäre Abend und nachts wünschte ich mir, es wäre Tag. Ich hatte nachts ständig Durst und musste demnach natürlich auch dauernd aufs Klo. Ich nahm es mit Humor, dachte mir: „Super, dann wird das mit dem Baby ja nachts ein Klacks.“ So war es auch. Natürlich schliefen meine Babys nicht durch, aber es störte mich auch nicht, sie nachts zu stillen. Morgens fühlte ich mich –spätestens nach einem Kaffee – total fit. Ich bin Langzeitstill-Mama, deswegen schlafe ich heute noch schlecht. Mein Körper hat sich nach zwei Stillkindern einfach daran gewöhnt, nachts mehrmals wach zu werden. Zusätzlich dazu ist immer was: Die Kinder haben schlecht geträumt, kommen garantiert an dem Tag morgens um fünf Uhr auf den Gedanken, aufstehen zu wollen, wenn ich mal abends ganz spät ins Bett bin oder sie haben sich mitten in der Nacht versehentlich geweckt. Ich habe mir nie so viele Gedanken darüber gemacht, doch in den letzten Tagen bin ich schon um 21 Uhr ins Bett. Ich dachte, ich müsse vielleicht mal Schlaf nachholen. Gerade hat übrigens Claudia Schaumann von Wasfürmich ganz süß darüber gebloggt. Sie hat auf Instagram ein Profil gefunden, das sich nur um das Thema Naps, Ausschlafen und Entspannung dreht: @thenapministry und findet es unheimlich angenehmen, einfach nur diesen Account zu scrollen.

Bezahlen um zu atmen …

Tja und Atmung? Hust. Hust. Was habe ich mir einen abgeatmet die letzten Jahre! Immer mit dem Anspruch effektiv zu atmen, den Sauerstoff in jede Zelle meines Körpers zu schicken, Kohlendioxid abzutransportieren und innere Ruhe zu bewahren. Hat nicht wirklich funktioniert. Ich sage es gleich: Yogalehrerin zu werden, bedeutet nicht, dass man auch direkt lernt, vernünftig zu atmen.

2016 habe ich ein Yoga-Buch veröffentlicht, ein Kapitel darin hieß: „Bezahlen, um zu atmen?“ Das sollte natürlich ironisch sein. Die Wahrheit ist: Auch ich gehe nun zur Atemtherapie. Da gebe ich richtig Geld für aus. Wir atmen rund 24.000  Mal am Tag und etwas, das wir so häufig machen, sollte optimiert werden. Das sagt auch Ribbecke. Er sagt auch, dass das Thema, wenn er mal wieder über Regenerationsstrategien referiert, bei den meisten Athleten erst auf Ablehnung stößt. Atmen und Meditation – da müsse er sich schon eine richtig gute Marketingstrategie einfallen lassen, bis die Sportler ihm zuhören würden. Hat er aber jetzt. Er hat sich ein paar amerikanische Badass-Athleten rausgesucht, die nachweislich meditieren und das ziehe immer, sagt er. Wenn er erzähle, das Sportstars wie LeBron James seit Jahren einer regelmäßigen Meditationspraxis nachgingen, dann kämen die Athleten nach seinem Vortrag zu ihm und würden sagen: „Du, gibt es da nicht eine App, die wir nutzen können?“ „Von einer richtigen Atemtechnik profitiert nicht nur die Gesundheit, sondern auch die Leistungsfähigkeit“, sagt Ribbecke. „Die Atmung erzeugt Reaktionen in unserem Nerven-, Muskel- und Fasziensystem, sowie Knochen- und Gelenksystem und hat Einfluss auf das autonome und das zentrale Nervensystem“, erklärt er.

Welche Muskeln helfen eigentlich beim Atmen?

„Du musst überhaupt erst mal wieder lernen, dein Zwerchfell zu entspannen“, sagte mir meine Pranayama-Lehrerin ganz unverblümt in unserer ersten gemeinsamen Stunde. Das Zwerchfell entspringt an den Rippen, dem Brustbein und den oberen Lendenwirbeln und ist unser wichtigster Atemmuskel. Bei einer ruhigen Einatmung übernimmt das Zwerchfell den Großteil der Atmung und in Teilen die Zwischenrippenmuskulatur sowie die schräge Bauchmuskulatur. Ein Teil des Zwerchfells steht in Kontakt mit den unteren Rippen und der Brustwand. Dieser Teil wird unter anderem von der Bauchmuskulatur kontrolliert. Wenn das Atmen ganz schwer wird, helfen auch noch Teile der Muskulatur des Schultergürtels und des Halses, die sogenannte Atemhilfsmuskulatur. Voraussetzung für eine effektive Atmung ist immer, dass die Atemmuskeln gut funktionieren. „Ist dieser Bereich gestört, kann es zu einer ineffizienten Atmung durch einen verminderten Zwerchfelldruck kommen, der querverlaufende Bauchmuskel, der für die Stabilisation im Lendenwirbelbereich und auch für die Atmung wichtig ist, wird nicht richtig eingesetzt und dadurch verändern die anderen Muskeln, die an der Atmung beteiligt sind, ihrerseits ihre Funktion und laufen Gefahr, zu überlasten“, sagt Ribbecke.

…ausgerechnet die Atmung können wir beeinflussen

So weit muss es natürlich nicht kommen, aber wir sollten uns dessen bewusst sein, dass wir ausgerechnet die Atmung im Vergleich zu allen anderen vegetativen Funktionen unseres  Körpers beeinflussen können. Verrückt, oder? Atmen wir effektiv, sinken Puls und Bluthochdruck. Ich bin schwer am Üben. Atme vor mich hin, spüre ganz bewusst meinen Bauch, der sich beim Einatmen hebt und beim Ausatmen senkt. Und lerne, mein Zwerchfell wieder zur entspannen. Das hilft übrigens auch, wenn es zuhause mal wieder stressig wird, weil jemand keine Lust hat, im Winter Schuhe anzuziehen bevor wir dringend los müssen oder wenn sich zwei Kinder um irgendwelches Spielzeug streiten, während ich eigentlich kochen sollte… Einatmen. Ausatmen. Und zwar nicht nur automatisch. Ich gehe im Moment tatsächlich jeden Tag auf die Matte, um Pranayama, also Atemtechniken, zu üben. Die Asana-Praxis ist unwichtiger geworden. Oder auch, ich habe mehr und mehr verstanden, dass Asana dazu da ist, Pranayama zu üben. Im Moment gefällt mir das. Vielleicht liegt’s am Alter …

Charlie’s Angel hat Angst vor Corona

Kürzlich las ich auf dem Blog von Schauspielerin Drew Barrymore, wie sie zu Beginn der Corona-Krise in ihrem Auto von einer Panikattacke überrascht wurde. Sie hatte Mühe zu atmen, musste anhalten, aussteigen und ein paar Schritte spazieren gehen. Sie dachte, sie müsse gleich am Corona-Virus sterben. So ging es also Drew Barrymore – Charlie’s Angel – und vielen anderen, von denen man das vielleicht nicht erwartet hatte. Demgegenüber steht die Überschrift eines Artikels aus der Neuen Zürcher Zeitung: „Wollt ihr denn ewig leben?“ Beides – Drew Barrymores Panikattacke und die provokante Wortwahl des Journalisten, der die Maßnahmen der Regierungen im Zuge der Eindämmung von COVID-19 kritisierte, liegt mir sehr fern. Doch eines habe ich festgestellt: Die einen haben Angst vor Corona, die anderen haben Angst davor, ihre Freiheiten zu verlieren, Angst vor dem wirtschaftlichen Chaos oder Angst davor, mehr Zeit mit ihrer Familie verbringen zu müssen. Die Angst – sie scheint uns gerade alle zu vereinen. Mein Mann zeigte mir einen lustigen Cartoon, auf dem zwei Wissenschaftler über das Corona-Virus diskutieren. „I am happy when this is over“, („Ich bin froh, wenn das vorbei ist“,) sagt einer der beiden. Und dann werden die beiden Forscher von einer neuen Katastrophe überrollt: dem Klimawandel – eine noch viel ernstzunehmender Gefahr als Corona. Aber niemand redet davon. Und deswegen erleiden wir auch keine Panikattacken, die durch Angst vor Klimawandel entstehen.

Wie entsteht Angst?

Eine globale Krise hat uns im Griff. Das Verrückte an Corona ist ja: Wir wissen eigentlich nichts. Mit der Ahnungslosigkeit gehen wir unterschiedlich um, und das ist normal. Auf meinen sozialen Netzwerken stelle ich fest: Mit Corona ist es schlimmer als beim Fußball! Jeder gibt seinen Senf ab, alle sind Experten. Sibylle Bergold ist Systemaufstellerin und Coach, Gründerin und Ausbilderin der Deutschen Akademie für Systemaufstellung und Medium. Sie sagt so schöne Sätze wie: „Jeder Mensch trifft die Entscheidung, ob er das Einhorn oder den Hornochsen rauslässt.“ Ich will mit Sibylle über Angst sprechen, weil ich über einen Instagram-Post von ihr stolperte, in dem sie schrieb: „Auf einmal wird deutlich, wie unterschiedlich wir alle empfinden. Warum lösen Ereignisse so unterschiedliche Emotionen in uns aus?“ Diese Frage rüttelte mich wach. Ich wollte aufhören, zu urteilen, wenn andere in den sozialen Netzwerken Stimmungen oder Meinungen verbreiteten, die ich nicht mit ihnen teilte und ich wollte verstehen, was gerade in den Menschen vorgeht, die so viel Angst haben. Aber ich wollte auch wissen, warum andere keine Angst haben.

Bevor Sibylle Bergold selbständig war und ihrer Berufung nachging, arbeitete sie in einer Bank. Sie erlebte zwei Banküberfälle innerhalb weniger Wochen. Beim ersten hielt man ihr eine Pistole an den Kopf. „Natürlich hatte ich Angst und fragte mich selbst, ob ich jetzt sterben muss“, sagt sie. Angst ist etwas natürliches. Was im Übrigen nicht immer ganz klar wird, beispielsweise wenn man nach ihr googelt. Dann tritt das Wort nämlich am allermeisten mit dem Wort Störung in Verbindung auf. Angst muss aber nichts mit Störungen zu tun haben. „Wenn ein Mensch wahrhaftige Angst verspürt, also reale Angst, dann ist diese Angst nur natürlich. Wir alle nehmen dann die Beine in die Hand und rennen, sofern wir einen aufgebrachten Löwen vor uns sehen.“ Für unsere Vorfahren war diese Angst tatsächlich real.

Angst auf den Rücksitz

In Sibylle Bergolds Praxis kommen viele Menschen wegen Angst. „Wenn die Angst irreal ist – und aus meiner Erfahrung ist sie das viel viel häufiger als die reale Angst – dann können wir daran etwas ändern“, erklärt sie. „Irreale Ängste sind die Gedanken, die wir uns in unseren Köpfen zusammenspinnen. Im Prinzip ist es ganz einfach: Sobald uns etwas im Außen stresst, bedeutet dass automatisch, dass im Inneren noch ein Thema offen ist, das es zu bearbeiten gilt. Hier dürfen wir hinschauen und verändern.“  Angst „zusammenzuspinnen“ – das funktioniert im Übrigen ziemlich leicht. Wir nehmen Informationen im Außen auf und unser Gehirn muss sie verarbeiten. Das macht unser Gehirn ganz automatisch und schützt unser Leben so zum Teil auch tatsächlich. Dieser Vorgang ist wissenschaftlich bis ins kleinste Detail untersucht. Schaltkreis der Angst, sagt man auch dazu. Unser Gehirn bastelt sich seine eigene Version von Corona-Angst zusammen. Je nachdem wie wir aufgewachsen sind und was wir erlebt haben, macht sich die Angst dann bemerkbar.

Auf dem Yogablog yogaandjuliet.com schrieb Julia Hofgartner in der Pre-Corona-Welt, als wir alle noch reisen durften, darüber wie sie ihre Panikattacken beim Fliegen loswerden konnte. Sie berichtete, dass sie ihre Angst einfach begrüsst, wenn sie auftaucht, statt sie wütend zu bekämpfen. Darauf kam sie, nachdem sie das Buch The Big Magic von Elizabeth Gilbert gelesen hatte. „Stell dir vor, du bist im Auto und auf dem Weg deine Träume zu verfolgen. Die Angst darf mitfahren, denn sie ist wichtig und will uns nur beschützen. Allerdings muss die Angst auf der Rückbank Platz nehmen, sie darf nicht auf dem Beifahrersitz sitzen, geschweige denn ins Steuer greifen und wenn sie es doch versucht, muss man sie ermahnen und ihr sagen, dass sie aussteigen muss, wenn sie das weiterhin macht.“ 

Atme sie weg!

Das ist ein schönes Bild. Wenn man gerade mitten in einem Banküberfall steckt, ist dieses Prinzip vermutlich schwierig durchzuziehen.„Jeder Mensch versucht sich in einer noch nie erlebten Gefahrensituation zu orientieren und Sicherheit zu finden“, sagt Sibylle. Bei dem ersten Überfall fand sie sich nicht nur in einer neuen von ihr noch nie durchlebten Situation, sie sah um sich herum auch nur ängstliche Gesichter. „Ich spürte auch, dass die Bankräuber selbst unsicher waren. Es war also pure Angst im Feld, die sich auf alle übertrug.“ Beim zweiten Überfall war das anders. „Ich hatte ja schon ‚Banküberfallerfahrung‘ gesammelt und mein Gehirn gab sich dadurch selbst Sicherheit. Der Mensch ist eine geniale Anpassungsmaschine, die verhältnismäßig schnell lernt, wenn man sie lässt. Es mag fast zu einfach klingen, aber beim zweiten Banküberfall war ich einfach nur stinksauer und weniger ängstlich und versuchte alles Angestaute wegzuatmen.“  Das ist im Übrigen auch ihre Antwort auf die Frage,  wie man mit Angst umgehen sollte: „Atme Angst weg, atme Wut weg, atme einfach. Erstaunlich wie gut es funktioniert, wenn man sich nur darauf konzentriert.“ Einen anderen Text über die Angst habe ich auf fuckluckygohappy.com gelesen. Dort beschreibt Autorin Stella Lorenz wie sie in Brasilien eine Bus-Entführung erlebte. „Lass die Angst einfach fliessen“, ist ihre Message. Das sei der richtige Rat, allerdings bitte nicht durch die Milchdrüsen, wie Sibylle sagt. „Wenn stillende Mütter zum Beispiel Angst ausgesetzt sind, nehmen die Kinder diese Angst auch durch das Stillen auf.“

Mach den Fernseher aus

Was können wir machen, wenn uns die aktuelle Situation in Angst versetzt? „Wer in der jetzigen Situation nicht gut mit den Corona-Auswirkungen umgehen kann, dem empfehle ich als erstes kein Fernsehen und kein Radio mehr zu hören. Auch in Portalen wie Facebook oder anderen sozialen Medien erscheinen Berichte, die verunsichern.“ Das alles können wir weglassen. Stattdessen rät Sibylle Bergold, sich mit Menschen auszutauschen, bei denen wir sicher sein können, dass sie uns verstehen und unsere Meinung akzeptieren, egal wie diese Meinung aussieht. „Spaziergänge in die Natur geben uns beispielsweise auch Kraft und lassen uns in unsere Mitte kommen. Die Antworten und Lösungen sind immer in uns“, sagt sie.

Ich hatte ganz instinktiv während den vergangenen Wochen etwas richtig gemacht. In der ersten Woche hatte ich noch jeden Abend spät die neuesten Corona-Entwicklungen verfolgt, irgendwann liess ich das bleiben. Wenn ich keine Krankenhausberichte aus Italien las und nicht mitbekam, wie die Bundesländer akribisch ihre neuen Corona-Fälle zählten, hatte ich mit meinen Kindern die besten Tage. Wir lebten einfach in unserer eigenen Blase aus Bibi&Tina-Hörspielen, Duplotürmen und Bastelversuchen. Warum ich während dieser Zeit ganz entspannt bleibe, mich auch nicht über geschlossene Spielplätze aufrege – ich möchte gar nicht freiwillig auf einem überfüllten Spielplatz herumlaufen – und auch bei Wutanfällen meiner Kinder – die sie im Übrigen auch haben, wenn Kitas geöffnet sind – ruhig bleiben kann, will ich auch von Sibylle wissen. 

Wie bekommt man Urvertrauen?

„Gründe für Ängste sind bei jedem Menschen anders und äußern sich auch unterschiedlich. Bei manchen beginnt die Angst im Kopf und wird dann erst spürbar, wenn sie sich zum Beispiel über den Körper äußert. Klassisch gesehen übrigens häufig über eine Blasenentzündung. Dann gibt es Menschen, die sind im Urvertrauen und haben tendenziell mit Corona und anderen extremen Situationen weniger Probleme. Die Frage ist nun: Wie bekommt man Urvertrauen? Aus meiner Erfahrung gibt es viele Wege. Im besten Fall: Keine negativen genetischen Prägungen zu haben, mit einer optimal verlaufenden Schwangerschaft, eine gute Mutter-Kind-Bindung mit einem Partner, der zu der Beziehung und der Verantwortung steht, einer gelungenen Geburt und einer Mutter, die für das Kind präsent ist.“ Es liegt aber nicht nur an unseren kindlichen Prägungen, ob wir ins Urvertrauen kommen können oder nicht: „Neben unseren irdischen Eltern haben wir ebenso auch noch sogenannte kosmische Eltern. In dem Moment, wenn wir wissen, dass wir alle an die universelle Quelle angeschlossen sind und wir spüren, dass es noch mehr gibt, als unser begrenzender Verstand versteht, gibt es keine Angst vor dem Tod, nur vor dem Sterben.  Durch die Verbindung zu dem großen Ganzen, die wir über viele Wege finden können, wie zum Beispiel durch Meditation, Yoga, Bewusstwerdung und so weiter, ist man gut mit sich selbst und seiner inneren Stimme und Intuition in Kontakt. Wer diese Verbindung eingeht, hat keine irrealen Ängste.“

Dass ich mir die Frage: ‚Bin ich jetzt falsch oder die anderen?‘, stellen würde, sei absolut normal, sagt Sibylle. Und was kann ich tun, damit meine Kinder jetzt aber auch später, wenn sie erwachsen sind, in ähnlichen Situationen keine Angst haben müssen? „Starke Eltern haben auch starke Kinder“, sagt Sibylle. „Am besten erklärt man seinen Kindern sachlich und altersgerecht, was gerade auf der Welt passiert und nicht emotional dramatisch. ‚Du kannst nicht zur Oma, weil sie sonst stirbt‘, hilft niemandem.“

Neutralseife auf Facebook

Am Ende unseres Gesprächs zum Thema Angst geht es gar nicht mehr so sehr um Angst, sondern darum, wie ich in der aktuellen Situation auch beim Surfen auf meinen sozialen Netzwerken nicht die Krise bekommen muss. „Ich bin im Badezimmer kürzlich über den Ausdruck Neutralseife gestolpert“, berichtet Sibylle. „Ich dachte für einen kurzen Moment: wie schön wäre es, wenn wir uns alle ab und zu mit einer Art Neutralseife waschen könnten … Meiner Meinung nach ist „Neutralität“ der einzig richtige Weg jedem Menschen seine Individualität, seine Prägungen und seine Meinungen zu tolerieren und sofern diese den eigenen Erfahrungen widersprechen, die gegensätzliche Meinung nicht persönlich zu nehmen. Auch hier sind Erfahrungen aus unserer Kindheit ausschlaggebend dafür, dass wir unterschiedlich empfinden.“ Wenn sich Menschen auf Facebook nun entfreunden, weil sie in Sachen Corona eine andere Meinung vertreten, habe das ja nichts mit einem selbst zu tun, sondern mit demjenigen, der sich „entfreundete“. „Wir selbst sind dann nur indirekt beteiligt und dürfen akzeptieren, dass die Felder, die Chemie usw. im Moment nicht zusammenpassen. Vielleicht wird sich das Blatt dann zu einem späteren Zeitpunkt oder einer anderen Situation wieder wenden, oder eben auch nicht. „Vielleicht wird einfach nur Platz geschaffen für jemanden, der als Wegbegleiter besser passt… Wer weiß das schon? Das Leben ist Entwicklung. Das ist auch in Ordnung“, sagt Sibylle. Ich lasse meinen Kontakten ihre Meinung. Weil: jeder hat seine eigene Wahrheit, oder?