Schlagwort: Erfolg

Gründer-Mütter: Warum immer mehr Frauen diesen Schritt wagen (müssten)

Dieser Beitrag enthält unbezahlte Werbung für das Netzwerk GründerMütter. Ich habe gerade übrigens selbst gegründet. Ohne das Netzwerk in Anspruch zu nehmen. (Was nicht ist, kann ja noch werden …) Aber ich schreibe darüber, denn ich weiß, dass viele Menschen gerne gründen würden und sich nicht wagen. Weil sie vieles nicht wissen (woher auch?) und schon gar nicht wissen, wo sie sich informieren können. Und dann schreibe ich diese Geschichte auch noch, weil sie dazu inspiriert, jetzt genau das zu tun, was wichtig ist. Hör in dein Herz. Und folge dem Ruf.

„Mütter sind für Unternehmen immer ein Risiko.“ Als ich kürzlich diesen Satz hörte, musste ich wohl schlucken. Auf jeden Fall folgte rasch ein Nachgeschobenes: „Ich sage das jetzt nicht aus der Sicht der Unternehmerin, sondern weil ich selbst Mutter bin.“ Das war lieb gemeint, nützte aber nicht viel. Denn das, was da ausgesprochen wurde, ist die Denkweise der deutschen Wirtschaft. Ja, es stimmt: Wenn meine Kinder krank sind, muss ich meistens zuhause bleiben (aber das liegt nicht daran, dass ich die Mutter bin, sondern daran, dass ich als Frau weniger verdiene als mein Mann und damit die Rollenverteilung gleich festgelegt ist). Zufällig weiß ich, dass in Dänemark eine ganze andere Meinung besteht. Unternehmer finden, dass junge Mütter unheimlich effektiv arbeiten, weil sie nachmittags Zeit mit ihren Kindern verbringen wollen. Sie stehen nicht ewig am Kaffeevollautomaten und spielen in der Pause kein Tischfußball. Sie machen einfach, damit sie pünktlich zur Kita oder der Schule kommen können. Vielleicht haben Mütter einfach andere Qualitäten. Das ist jetzt plakativ, ich habe keine Beweise, es gibt immer solche und solche Beispiele, aber ich stelle es jetzt mal so in den Raum. Manchmal würde es auch Sinn machen, zwei Menschen zu fragen, ob sie sich eine Stelle teilen möchten, dafür dann aber auch flexibler sein dürfen. Es gibt viele Ideen, viele Ansätze, aber so richtig will das niemand umsetzen.

Das Potenzial sehen

Und deswegen müssen Mütter immer wieder selbst hinterfragen, was ihnen ihre Karriere wert ist. Viele kommen zu dem Punkt, an dem sie feststellen, dass es in dem Unternehmen, in dem sie beschäftigt waren, bevor sie Mütter wurden, keine Perspektive mehr gibt. Weil es keinerlei Flexibilität gibt. Keinen Spielraum, um beides, Mutterschaft und Karriere, unter einen Hut zu bringen. Was bleibt also, wenn man nicht unter seinem Potenzial bleiben möchte? Selbst gründen! So geht es vielen und das ist nicht gerade der leichteste Weg. Deswegen gibt es immer mehr Initiativen wie das Unternehmerinnen-Netzwerk „GründerMütter“. Dort geht es darum, Gleichgesinnte zu treffen und sich miteinander auszutauschen, aber auch darum Ideen, Tipps und Tricks miteinander zu teilen. Gegründet wurde das GründerMütter-Netzwerk von der Düsseldorferin Dr. Stefanie Gundel, deren Mission es war, selbstständige Frauen zusammenzubringen, zu stärken und zu inspirieren. Dabei ist es egal, ob sie Kinder haben, schwanger sind, gerade erst in der Familienplanung stecken oder noch überhaupt nicht wissen, wie Kinder und Job unter einen Hut zu bringen sind.

Austausch tut gut

Stephanie Natz arbeitet heute für GründerMütter. Ich kenne sie von früher, aus meiner Zeit als Sportjournalistin. Damals hieß Stephanie nicht Natz sondern Hort und zählte zu Deutschlands besten Weitspringerinnen. Schon als Leistungssportlerin war sie fleißig und zielstrebig und vermutlich sind das Eigenschaften, die sie nach der sportlichen Karriere zunächst zu dem Unternehmen Peugeot und dann zur Porsche Group brachten. „Ein toller Arbeitgeber“, sagt Stephanie selbst. Trotzdem fühlte sich das nach der Geburt ihres zweiten Kindes für sie nicht mehr richtig an. Das lag unter anderem daran, dass ihr Mann einen Job in Brüssel hatte und sie aus Stuttgart nach Düsseldorf gezogen waren. Stefanie entschied nach langem Überlegen, den Schritt in die Selbständigkeit zu gehen und gründete Drumhead Consulting, ein Marketing-Unternehmen für die Autombilindustrie. Und so hatte sie die ersten Berührungspunkte mit dem GründerMütter-Netzwerk. Denn ohne die Inspiration der anderen Mütter, ohne deren Ratschläge, hätte sie sich vermutlich gar nicht gewagt, zu gründen. „Es war unheimlich inspirierend und auch hilfreich, sich mit den anderen Frauen auszutauschen. Manchmal sind es nur Kleinigkeiten, auf die man nicht von alleine kommt, die einem das Leben aber unheimlich erleichtern“, sagt die Mutter von mittlerweile drei Kindern. „Der Austausch mit völlig verschiedenen Frauen, die die unterschiedlichsten Kenntnisse und Expertisen haben, bringt einen wirklich weiter. Und es ist auch unglaublich, wie da Dynamik entsteht.“ 

Sisterhood als Erfolgskonzept

Diese Erfahrung habe ich selbst im vergangenen Jahr gemacht. Als ich mich, gemeinsam mit einer Freundin, dazu entschlossen hatte, zu gründen. Dinge, die ich von alleine nicht hätte auf die Beine stellen können, für die mir schlichtweg Zeit, Energie und Nerven fehlten, fühlten sich auf einmal so leicht und richtig an. Weil wir uns einander unterstützten, uns in schweren Momenten Mut zusprechen konnten und unsere Expertisen bündelten. Deswegen habe ich mich auch so mit dem Begriff Sisterhood angefreundet. Obwohl ich nur Brüder habe und dem schon immer etwas abgewinnen konnte. Sisterhood heißt für mich, sich mit Frauen zu verbinden, die mir Kraft geben. Diese Kraft will ich natürlich auch zurückgeben. Und genau das schafft eine besondere Dynamik, durch die nur etwas Gutes entstehen kann.

Häufig sind wir total hilflos, wenn wir uns selbständig machen wollen, weil wir überhaupt keine Kenntnisse in diesem Bereich haben. Das fängt bei Themen wie Steuern und Finanzamt an. Viele Frauen würden gerne gründen, haben tolle Ideen, und wagen sich dann nicht in die Selbständigkeit aus Angst vor genau diesen Themen. Doch zu sehen, dass Muttersein und Selbstständigkeit vereinbar sind, macht Mut. Kinder und Babies sind bei Treffen der GründerMütter willkommen. Das alles hat Stephanie Natz bewogen, sich für das Netzwerk zu engagieren. Heute ist sie Community Managerin von GründerMütter und hat mit GründerMütter Mallorca auch gleich ihre eigene Gruppe eröffnet. 

Wo will ich leben, wie will ich arbeiten?

Denn vor knapp zwei Jahren entstand in ihr langsam der Wunsch, von überall aus arbeiten zu können. „Es war irgendwie eine verrückte Idee. Wir wollten die Zeit, bis die Kinder schulpflichtig sein würden, nutzen, um wann immer es möglich ist, Zeit am Meer zu verbringen.“ Spanien stand weit oben auf der Liste, weil Stephanie spanisch spricht – die Insel Mallorca kannten die Natz’ kaum. Trotzdem entschieden sie sich, ein Haus dort zu kaufen. Heute und insbesondere in der Pandemie, sind sie unheimlich glücklich darüber, diese Entscheidung getroffen zu haben. „Die GründerMütter Gruppe Mallorca ist nicht nur offen für deutsche Mütter. Ich möchte insbesondere auch in den Austausch mit der lokalen Bevölkerung gehen“, sagt Stephanie. „Wir sind da schließlich zu Gast. Ich finde es wichtig, die Traditionen kennenzulernen aber auch zu unterstützen und in Sachen Selbständigkeit Vorbild zu sein, wenn der Bedarf besteht.“ 

Von überall aus arbeiten und gleichzeitig ihrer Familie gerecht werden zu können, diese Vereinbarkeit ist ein Traum, den Stephanie Natz sich nun erfüllen konnte. Netzwerke wie GründerMütter setzen genau da an. Alles ist möglich, wir brauchen nur die Unterstützung, Inspiration und Expertise von anderen, um unsere Träume umzusetzen. Denn alleine ist es schwer.  „Der Spirit, den die GründerMütter mitbringen und der Gedanke, nicht Ellenbogen einzusetzen, nicht Ideen zu klauen, sondern auf Augenhöhe miteinander zu kommunizieren und festzustellen, dass sich bei allen einfach die Bedürfnisse geändert haben – dadurch entsteht eine besondere Gemeinschaft und damit ist schnell etwas Neues geboren“, sagt Stephanie. 

Ob sie künftig ganz nach Mallorca übersiedelt, möchte sich die Familie übrigens noch offen halten. „Wir haben uns in jedem Fall schon mal informiert, wo es internationale Schulen gibt“, schmunzelt sie. „Aber eigentlich ist es im Moment auch angenehm, einfach selbst entscheiden zu können, wo wir gerade sein möchten.“ Das ist auf jeden Fall kein Risiko für ihr Unternehmen – sondern eher inspirierend.

Lauschangriff und Lesestoff vom 28. Mai 2021

Vielleicht hast auch du in dieser Woche von der Depressionserkrankung der Schauspielerin Nora Tschirner gelesen. In dem Interview mit tz-Redaktuer Armin Rösl, der selbst eine Depressionserfahrung machte und ehrenamtliches Vorstandsmitglied und Sprecher der Deutschen DepressionsLiga ist, berichtet sie von ihrer Erfahrung mit der Krankheit. Dabei beantwortete sie die Frage, ob sie sich vor dem öffentlichen Bekenntnis zu ihrer Depression Gedanken gemacht habe, ob dies Konsequenzen für ihren Job haben könne: „Es kommt darauf an, wie man persönlichen Erfolg definiert. Mein Wertesystem sieht nicht vor, Geld zu scheffeln, Karriere zu machen und Everybody’s Darling zu sein.“ Das ist sehr schön gesagt. Und mir ist bewusst, dass dieser Satz nicht immer so einfach über die Lippen kommt und auch nicht von jedem Menschen so selbstbewusst dahingesagt werden kann. Aber ich finde es ist wirklich wichtig, sich über die persönliche Definition von Erfolg bewusst zu werden. Kurz nach dem Beginn meiner Selbstständigkeit hatte mich das jemand gefragt: „Was bedeutet denn für dich Erfolg?“, und mich dann darauf aufmerksam gemacht, dass Erfolg nicht immer an Geld gekoppelt sein muss. Erfolg kann auch bedeuten, dass mir genug Zeit für meine Kinder bleibt oder ich mein Leben als entspannt bezeichnen kann. Erhält man Klarheit über die eigene Definition von Erfolg bringt das sehr viel Klarheit und Ruhe in das Leben.

Bekannt? Erfolgreich?

Am 26. Mai erschien in der Frau im Spiegel ein ausführlicher Bericht über Yoga, ich werde darin als „Yoga-Expertin“ bezeichnet. Viele meiner Freunde halten mich für „erfolgreich“. Kürzlich schrieb mir eine Freundin: „…schön, dass du durch deine Bekanntheit so viel bewirken kannst“ und ich fragte mich, ob man heutzutage bekannt sein kann, wenn man auf Instagram keine Tausend Follower hat. Ich halte mich überhaupt nicht für bekannt. Ich glaube, die meisten der bekanntesten deutschen Yogalehrer haben meinen Namen noch nie gehört. Mein Erfolg besteht aber darin, dass ich das tun darf, was ich liebe. Dass ich, wenn meine Kinder krank sind, getrost meine Termine auf einen anderen Tag verschieben kann – so wie heute zum Beispiel. Und auch, wenn sie mal nölig sind und ich den Eindruck habe, sie bräuchten mehr Zeit mit mir. Trotzdem werfe ich jeden Monat einen besorgten Blick auf mein Konto. Bücher schreiben macht nicht reich, sage ich immer zu denen, die mich fragen, wie man so ein Buch veröffentlicht. In der Regel zumindest nicht. Yogalehrerin zu sein, auch nicht. Aber letztlich ist das ja auch alles relativ. Reichtum, Erfolg, Bekanntheit – von allen drei Begriffen darf jeder seine eigene Definition haben. Mit Geld und dem Instagram-Account hat es in den seltensten Fällen etwas zu tun.

Die eine Podcast-Empfehlung

… für dieses Wochenende kommt von House of Grace. Mal wieder trifft Sandra von Zabiensky genau einen Nerv bei mir. Sie führt ein spannendes Gespräch mit dem Journalisten Jan Stremmel über Journalismus, Meinungsfreiheit, Rechtsradikalismus in der Yogaszene und vieles mehr. Unbedingt anhören. Was für ein spannendes Interview!

Rhabarber, Rhabarber

Momentan stehe ich total auf Rhabarber. Vielleicht auch deswegen, weil in unserem Garten still und heimlich Rhabarber gewachsen ist. Diesen Kuchen hier muss ich unbedingt ausprobieren. Mandelmus, Quinoa und Rhabarber – was ist das bitte für eine coole Kombination?

„Es ist egal, auf welchem Level das stattfindet …“

Zum ersten Mal mache ich hier echte Werbung. Unbezahlt. Nadine Huthmann und ich haben viel gemeinsam. Dass wir Mütter sind, die immer wieder versuchen, die richtige Balance zwischen Familie und beruflicher Selbstverwirklichung zu halten, ist nur eine Gemeinsamkeit von vielen, die uns verbindet, obwohl wir uns noch gar nicht lange kennen. Der Grund, weshalb ich Nadine unbedingt auf dem Blog vorstellen wollte, ist aber ein anderer: Ihre Geschichte ist unheimlich motivierend, ein bisschen so, wie Rosalein Schmetterschwein, das Kinderbuch, das ich gerade mit meinen Töchtern lese. Nadine Huthmann hat ihre eigene Modekollektion. Unter dem Namen Grotkop Collection verwirklicht sie ihre eigenen Ideen durch die Verbindung von traditionellem Handwerk und modernem Design. Sie näht und arbeitet von zuhause aus – in den nächsten Monaten wird sie aus ihrem aktuellen Näh- und Arbeitszimmer ein Kinderzimmer für ihren Vierjährigen machen müssen. Dafür räumt ihr Mann gerade das Gästezimmer frei, damit dann weiterhin genäht werden kann. Diesen Winter liefen Models mit Entwürfen aus Nadines Kollektion über den Laufsteg der New York Fashion Week. Echt. Kein Witz. Ein Gespräch über Träume und Erfolg, Vor- und Nachteile des Homeoffice, Nachhaltigkeit in der Modebranche und über das Problem, wie der Mund-Nasenschutz von Müttern unterwegs hygienisch verstaut werden kann …

Deine Entwürfe waren gerade auf der New York Fashion Week zu sehen und daraufhin dann auch in verschiedenen amerikanischen Modemagazinen. Marie Claire und Elle Italia sind auch schon auf dich aufmerksam geworden. Wenn dir das einer mal gesagt hätte, wie hättest du darauf wohl reagiert?

Nadine Huthmann liebt es, Mama zu sein und nachhaltige Mode zu produzieren

Ich habe schon ziemlich früh gewusst, dass ich mal Schneiderin werden wollte und habe Modedesign studiert. Deswegen ist das natürlich dann schon toll. Der Laden Flying Solo aus New York hatte mich zunächst angeschrieben. Die waren über mein Instagramprofil auf mich aufmerksam geworden. Und das war zunächst schon mal besonders. Wenn man wie ich alles selbst macht – von der Webseite über die Fotos und den Webshop – dann ist es wirklich sehr schön, wenn plötzlich Unterstützung von außen kommt. Zu wissen, die nehmen mich jetzt in ihren Laden am West Broadway, meine Sachen werden dort präsentiert – da geht einem das Herz auf. Das mit der Fashion Week kam dann erst später. Da bin ich so mit reingerutscht. Der Laden veranstaltet dort immer eine Modenschau. Das Konzept des Ladens basiert auf der Idee, Designer aus der ganzen Welt für eine Zeit mit ins Sortiment zu nehmen und ihnen die Chance zu geben, sich zu zeigen. 

Du bist Mama von zwei kleinen Kindern, hast gerade die Auswirkungen des Lockdowns voll mitbekommen und immer noch 24/7 einen Eineinhalbjährigen zuhause herumhüpfen. Deine Kollektion beinhaltet unheimlich viele wirklich tolle Sachen von Kleidung über Taschen, Geldbörsen, Gürtel bis hin zu Kosmetiktaschen. Wie schaffst du das alles?

Alles was auf meiner Webseite zu sehen ist, ist über einen längeren Zeitraum hinweg entstanden. Ich mache tatsächlich alles selbst – außer die T-Shirts. Wenn jemand etwas bestellt, dann habe ich die Stoffe oder das Leder da und kann loslegen. Und man entwickelt ja so seine Strategien mit den Kindern. Ich kann zwar, wenn die Jungs dabei sind, nicht immer unbedingt die Nähmaschine anschmeissen, aber ich kann mal einen Stoff zurechtschneiden. Ich bin ganz dankbar, dass ich von Zuhause aus arbeite und nicht noch mal irgendwohin fahren muss. Das meiste mache ich tatsächlich wenn die Jungs schlafen. Und dann lege ich direkt los. Und ich kann zum Glück auch die Hilfe der Großeltern in Anspruch nehmen und am Wochenende natürlich auch die meines Mannes.

Grotkop Collection auf dem New Yorker Catwalk …

Interessant, dass du das jetzt sagst, denn ich träumte lange von dem Büro außerhalb der eigenen vier Wände, weil ich dachte, ich könnte da viel produktiver sein. Mittlerweile finde ich es eigentlich sehr praktisch, dass ich den Weg zur Arbeit sparen kann.

Ich war nie der Homeoffice-Fan aber momentan ist es für mich einfach die beste Lösung weil die Kinder noch so klein sind. Wenn ich noch in ein Atelier fahren müsste, würde ich wirklich Zeit verlieren und ich würde bestimmt nicht abends noch mal losfahren. Gerade für kreative Arbeit braucht man ja auch die Zeit reinzukommen, ich vergleiche es mal mit einem Hund, der sich erst mal im Körbchen drehen muss, bis er es sich gemütlich machen kann. So ist das auch manchmal bei meiner Arbeit (lacht). Und Zuhause ist das eben gerade am einfachsten. 

Nachhaltigkeit ist dir sehr wichtig. Wie ist deine Idee entstanden, einen eigenen preisgekrönten Prozess zu entwickeln, mit dem du Merino-Wolle für den handgemachten Filz bearbeiten kannst?

Das hat eine lange Vorgeschichte. Ich fand Filz immer spannend und habe mich während meines Studiums mit dem Thema beschäftigt. Ich wollte wissen, wie man sich seinen eigenen Stoff filzen kann und zwar so, dass das Verfahren auch für Industriefilzmaschinen möglich ist.

Meine Masterthese beschäftigte sich dann mit dem Thema, warum Filz in der Textilindustrie eigentlich kaum eine Rolle spielt. Ich durfte dafür in ein Unternehmen gehen und lernen, wie Filz industriell hergestellt wird. Ich wollte für die Masterarbeit herausfinden, wie es möglich sein könnte, gemusterten Filz auf Industriemaschinen herzustellen. Filzen selbst ist ein sehr harscher Prozess. Der Prozess den ich entwickelt habe, hat seine Rahmenbedingungen aber man kann schon viel damit machen. Ich habe in Schottland studiert und meine Arbeit wurde dann auch mit zwei Textil-Awards ausgezeichnet. Ich habe auch ein Patent dafür bekommen. Ernüchternd war trotzdem: Filz hat in der Modebranche keine Lobby, mit meinem Verfahren lässt sich zwar auf Meter produzieren, aber die Umstellung der Maschinen wären zu groß für meinen alleinigen Bedarf. Was ich so schön finde, ist, dass ich meine Ideen selbst umsetzen kann. Das Schöne an der von mir verwendeten Merino-Wolle ist, dass sie schön warm hält aber man auch nicht darin schwitzt. Deswegen nenne ich meine Mäntel auch „Coatigan“ – man kann sie sowohl drinnen als auch draussen anziehen. 

Besonders dein Coatigan war in der amerikanischen Presse zu sehen. Wie viel Arbeitszeit steckt in einem einzigen Mantel?

Das kann ich schwer sagen, ich denke, eine Woche brauche ich, weil die Herstellung verschiedene Arbeitsschritte wie beispielsweise auch Abtrocknen, beinhaltet. Ich habe auch nicht so viel Platz zuhause und muss Vorderteil, Rückteil und Ärmel filzen. Hinterher muss ich dann diese Stoffstücke nähen. Insgesamt wäre es wahrscheinlich ein ganzer Arbeitstag, wenn man alles zusammenrechnen könnte.

Mund-Nasenschutz-Tasche – gibt es übrigens nicht nur in pink

Du hast ein Faible für spezielle Materialien, ich bin ein großer Fan deiner Maskentaschen aus Kork. Wie bist du denn auf die Idee gekommen?

Ach so speziell ist Kork gar nicht, in der Modebranche findet ja zum Glück ein Umdenken statt. Kork wird unter vielen anderen Materialien nun ja auch als veganes Leder bezeichnet. Der Vorteil: Kork ist weich, robust und verfügt über eine angenehme Haptik. Die modische Vielfalt auf Korkbasis findet man schon länger im Handel. Speziell sind heute eher Sachen wie Leder aus Ananas- oder Apfelhaut oder ganz aktuell aus Pilzen. Aber zurück zum Kork – ich finde das Material wirklich schön. Und die Idee, es für eine Mundschutz-Tasche zu nutzen, entstand, nachdem mir aufgefallen ist, dass meine Mutter begann, den Mundschutz in eine Brottüte zu stecken. Ich habe mich auch immer gefragt, wie dieser Mundschutz hygienisch bleiben kann – mich hat es total gestört, dass ich ihn immer in meine Jackentasche gesteckt habe und gleichzeitig landen da natürlich Taschentücher von den Kindern, irgendwelche Riegel und Pixibücher … Und dann bin ich auf den Gedanken mit dem Kork gekommen. Denn Kork ist sehr widerstandsfähig gegen Wasser und Flecken. Man kann die Innenseite der Tasche auch mit Alkohol reinigen, das ist überhaupt kein Problem.

Die Mund-Nasenschutz-Tasche aus Kork – ein Träumchen

Du verwendest aber auch immer noch echtes Leder für einige deiner Ideen. Worauf achtest du da besonders?

Das ist eine berechtigte Frage. Ich nutze Leder, und das muss nicht jedem gefallen. Leder ist für mich immer noch ein Naturprodukt, von dem man lange etwas hat, wenn man es gut pflegt. Für mich ist es wichtig, wo das Leder herkommt. Meine Leder sind immer zertifiziert, überwiegend pflanzlich gegerbt und meistens kommen sie direkt aus Deutschland oder aus Europa. Wenn man sich für ein Produkt von mir interessiert, kann man immer in der Produktbeschreibung genau nachlesen, wo das Leder herkommt. Die Tiere kommen aus der Fleischproduktion, und ich finde es dann wichtig, dass auch wirklich alles verwendet wird. Mittlerweile arbeite ich auch direkt mit einer Gerberei aus Süddeutschland zusammen, deren Leder stammt von Tieren, die von ökologisch geführten Höfen kommen. Das Unternehmen gerbt nur mit pflanzlichen Stoffen, färbt umweltverträglich, pflanzlich verzichtet auf chemische Fixierer. So geht man meiner Meinung nach in die richtige Richtung. Ich möchte nämlich auch nichts produzieren, das man nur eine Saison tragen kann. 

Was können wir denn machen, damit die Modebranche nachhaltiger wird?

Ich glaube, dass ein Gesetz, das zunächst einmal die großen Unternehmen zur sorgfältigen Dokumentation ihrer Lieferketten anhält, in die richtige Richtung geht. Dass Unternehmen mit festen Partnern zusammenarbeiten, damit gewährleistet wird, dass diese auch planen können und nicht ausgebeutet werden, das wäre wichtig. Langfristige Partnerschaften wäre mein Wunsch. 

Nachhaltigkeit in der Mode fängt auch bei dem Verbraucher an.

Nadine Huthmann

Die Größe der Geldbeutel sind natürlich unterschiedlich und nicht jeder kann teure nachhaltig produzierte T-Shirts kaufen aber Fast Fashion ist etwas Unnötiges. Ich glaube, dass jeder so kaufen kann, dass nicht jede Saison alles neu gekauft werden muss. Vivienne Westwood hat das mal sehr schön gesagt: „Choose well, buy less and make it last.“ Das funktioniert auf jedem Level. Ich komme aus einer Familie, da wurde auch vieles einfach repariert. Man kann ein Loch in einer Hose auch stopfen und muss die Hose nicht sofort wegwerfen. 

Du machst Yoga schon viel länger als ich, nämlich seit etwa 19 Jahren. Nutzt du das immer noch als Tool, das dich erdet?

Es ist wirklich etwas, was ich immer mal wieder mache, beispielsweise wenn mir der Nacken wehtut oder so. Richtig regelmässig habe ich es während meiner letzten Schwangerschaft gemacht.

Aber Yoga war definitiv immer ein Anker, egal wo ich war, in den Niederlanden, in Schottland oder im Ruhrgebiet – ich habe immer einen Kurs besucht.

Nadine Huthmann
Der Pullunder aus Nadines Kollektion – gefilzte Merinowolle

Wie definierst du für dich Erfolg? Machst du das an Geld fest, hast du eine Vision, was du mit deiner Mode erreichen möchtest?

Für mich ist Erfolg beispielsweise, wenn ich etwas Kreatives geschaffen habe und das mit Spaß und Leidenschaft. Dann ist es egal auf welchem Level das stattfindet. Erfolg ist für mich auch wenn mich das, was ich tue, glücklich macht. Und wenn man dann sieht, was daraus erfolgt. Das kann etwas ganz Kleines sein. Natürlich war die Modenschau in New York ein Erfolg aber für mich ist es auch ein Erfolg dass du bei mir etwas bestellt hast.

Erfolg ist auch, wenn mein kleiner Sohn sich an meine alte, kaputte Nähmaschine setzt, und ich sehe, dass er mit Begeisterung dabei ist.

Nadine Huthmann

Wenn ich dich frage, wie du dir dein Leben in fünf Jahren vorstellst – was würdest du dir da beruflich wünschen?

Es gibt natürlich zwei, drei Labels, deren Weg ich verfolge und mit denen ich mich gerne mal irgendwann vergleichen würde. Ich wünsche mir, dass ich mehr Bestellungen habe und irgendwann mal ausgelastet bin. Ich weiß gar nicht, ob ich so richtig riesig werden will. Denn das würde ja auch wieder an meiner Arbeitsweise vieles verändern. Ich will ja selbst an der Nähmaschine sitzen. Das macht mich glücklich. 

Nadines Kollektion in New York …

Zeit für die Familie ist dir sehr wichtig. Dein Mann und du habt euch bewusst dafür entschieden, dass du im Job erst mal kürzer trittst, um Zeit für die kleinen Kinder zu haben. Und trotzdem stellen wir beide ja auch immer wieder fest, dass es dann auch schwer ist, dem Spagat zwischen Familie und Job gerecht zu werden. Was glaubst du, wie sollten die Rahmenbedingungen sein? 

Ich glaube, es wäre wichtig, dass Frauen – egal nach welcher Zeit – zurück in den Job kommen könnten. Damit meine ich nicht, dass die selbe Stelle noch frei sein soll, sondern dass die Akzeptanz da ist und man den Frauen nicht das Gefühl vermittelt, sie seien komplett raus und hätten keine Ahnung mehr. Das ist nämlich nicht so. Man entwickelt sich ja auch in der Zeit weiter, in der man beispielsweise „nur“ Mutter ist. Und dass man, wenn man bereit ist, wieder Vollgas geben zu können, sich nicht rechtfertigen muss, warum man das vorher nicht war. Dann wäre auch wichtig, dass es nicht unbedingt 40 Stunden sein müssen. Das andere Problem ist dann aber natürlich das Finanzielle: Viele Familien können sich nicht mehr leisten, dass einer alleine über einen bestimmten Zeitraum alles wuppen kann. Das ist das übergeordnete Problem. 

Ich habe ja auch in Dänemark gelebt und dort ist die 37-Stunden-Woche Standard, gleichzeitig funktioniert das Prinzip der Arbeitsteilung und der flexiblen Zeiteinteilung meiner Meinung nach besser und so sieht man an der Kita oder der Schule genauso viele Männer, die ihre Kinder abholen, wie Mütter.

Siehst du, ich habe lange in den Niederlanden gelebt und dort ist es beispielsweise nicht außergewöhnlich, dass Eltern sich das mit dem Job aufteilen und jeder vier Tage die Woche arbeitet. Wie machen das andere Länder? Das finde ich durchaus eine berechtigte Frage. Daraus sollte man auch lernen. 

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Guet gnueg

Gut zwei Jahre lang ist meine große Tochter in eine Kita gegangen, die nur bis 13.15 Uhr geöffnet hatte. Als wir vor zweieinhalb Jahren nach Kiel gezogen sind, gab man mir gleich zu verstehen, dass Kitaplätze hier rar sind (Warum ist das eigentlich so? Was läuft da falsch in einem Land wie Deutschland? In Kiel liegt es angeblich an der fehlenden Zahl von Gebäuden, die den Anforderungen entsprechen …? Ob das wahr ist …?). Ich kenne wirklich Familien, die wissen noch nicht, ob und wann ihre Kinder im kommenden Jahr einen Kitaplatz kriegen werden. Also war ich, nachdem wir uns in der Kita anmelden konnten, sehr dankbar. Ich war gerade wieder schwanger und war mir sicher, dass der Großen ein paar Stunden am Tag ohne eine Mama mit Säugling an der Brust ganz gut tun würden. Ebenso würde es mir und dem Baby natürlich gut tun, wenn wir uns ein paar Stunden am Tag ganz auf uns konzentrieren könnten. Hey, so ganz uneigennützig ist doch hier gar nichts, oder? 😉 Damals dachte ich: Komm, ist doch egal. An Arbeiten ist mit einem Baby ohnehin nicht wirklich zu denken, da macht mir die frühe Abholzeit nichts aus. Beide Kinder wurden älter (die Mutter auch) und seit August 2020 ist die Kita meiner Ältesten bis 16 Uhr geöffnet. Was ich an einem Tag plötzlich alles schaffen kann! Wie viel möglich ist im Vergleich zu vorher, erstaunt mich immer wieder. Dabei habe ich sie noch nie erst um 16 Uhr abgeholt.

Immer noch ertappe ich mich allerdings dabei, dass ich – sobald die Kinder aus dem Haus sind  – alles Mögliche ganz schnell und dringend in diesen Tag packen muss. Ich arbeite meistens von zuhause aus. (Im Lockdown light vor allem, denn Fitness- und Yogastudios sind geschlossen.) Ich nehme mir viel zu viel vor, rödele durch den Vormittag wie eine Irre, um dann um 13.30 Uhr festzustellen, dass ich immer noch nicht geduscht bin und noch nichts zu Mittag gegessen habe. Nur noch eine Stunde, und dann will ich eigentlich langsam die Jüngste in Empfang nehmen … Und die Küche sieht immer noch aus wie Sau … 

Erst seit Anfang November habe ich etwas gelernt: Ich muss nicht alles Mögliche in diese sechs Stunden packen. Ich kann auch ruhig mal weniger leisten. Weil gut immer auch gut genug ist. Warum ich das hier schreibe? Weil mir aufgefallen ist, dass es ganz vielen Mamas so geht. Das Paradoxe dabei ist: Gerade wenn die Kleinen anfangen, in die Kita zu gehen, die Eltern also plötzlich wieder einige Stunden am Tag ganz für sich haben, beginnt der Stress: Als hätte sich im ersten oder zweiten oder dritten Jahr zuhause mit Kind so viel Tatendrang in einem angestaut, dass man jetzt alles auf einmal anpacken muss. Eine Freundin von mir sagte mir kürzlich: „Ich werde dann schon nervös, wenn sie morgens trödelt und wir es nicht vor 9 Uhr aus dem Haus schaffen. Dann denke ich: Ich muss ja schon in fast drei Stunden wieder los, um sie abzuholen.“ Und die Moral von der Geschichte: Für viele Mamas war die Lockdown-Zeit im Frühling geradezu Entspannung. Weil der Druck auf einmal weggefallen ist, alles in einen Vormittag zu packen, in dem das Kind betreut ist. Plötzlich konnten wir auf Bring- und Abholzeiten einen Pups lassen. Normalerweise hatten die uns in den Wahnsinn getrieben, weil wir gerade begonnen hatten, wieder Arbeit anzunehmen, Dinge auch mal flexibel etwas mehr Zeit in Anspruch nahmen oder das Aufräumen der eigenen Bude einfach länger dauerte, als angenommen.

Sarah Louisa Iseli, Sängerin, Schauspielerin, Jodlerin, Ukulele-Spielerin, Angehörige der Kategorie Lieblingsmensch, erinnert mich manchmal daran, dass jeder „guet gnueg“ ist.

In dieser ersten Novemberwoche nach einem wirklich zehrenden Oktober mit Deadlines und wichtigen Terminen, stand ich irgendwann ungefähr gegen 12 Uhr mittags in meiner Küche. Ich hatte mir morgens eine Stunde Zeit für Pranayama und Asanas genommen, hatte am Computer gesessen und für diesen Blog geschrieben und wollte mich gerade darüber erschrecken, dass mir nur noch weitere zweienhalb Stunden Zeit blieben, bis ich die Kinder abholen wollte … Und da entspannte sich in mir irgendetwas. Einfach so. Einfach so habe ich plötzlich gedacht, dass ich gar nichts weitere in diesen Mittag packen müsse, dass es auch völlig in Ordnung sei, wenn nicht all das, was ich mir vorstellte, bis 14.30 Uhr erledigt wäre. Ich habe plötzlich verstanden, dass ich in fünfeinhalb Stunden nicht einen Artikel schreiben, das Abendessen vorbereiten und auch noch das Projekt „Balkonverschönerung“ erledigt haben muss. Sondern manchmal reicht es, nur eine Sache davon zu meiner Zufriedenheit vollbracht zu haben. Der Podcast einer Schweizer Freundin von mir heißt „Guet gnueg – der Podcast für mehr Liebe“. Er ist auf schweizerdeutsch, daher wird nicht jeder genau verstehen, was Sarah und ihre Interviewpartner erzählen. Egal. Die Kurzfassung ist: Sarah ist Sängerin und Schauspielerin, sie tut was sie liebt, das ist manchmal leicht, manchmal sehr schwer vor allem in einer Zeit, in der Kunst als nicht systemrelevant eingestuft wird.. Auf ihrem bisherigen Weg hat Sarah vieles gelernt. Vor allem aber das: Du bist immer gut genug. 

Im Jahr 2019 lief für mich vieles nicht so rund, wie ich mir das gewünscht hatte. Und natürlich hatte auch ich Ende Dezember 2019 nicht mal annähernd eine Vorstellung davon, was 2020 auf uns zukommen würde. Wie auch? Aber glücklicherweise hatte ich mir für das neue Jahr kleine Ziele gesteckt. Und die habe ich erreicht. Für manche mag das Prinzip nicht funktionieren, vielleicht sind manche glücklicher im totalen Vollgas-Modus zu leben und vielleicht ist auch deine Definition von „Erfolg“ nur mit dem Erreichen ganz großer Ziele verbunden. Dann ist auch das sicher gut so. Für mich habe ich festgestellt, dass ich besser mit kleinen Schritten umgehen kann. Dann vergesse ich auch nicht, zwischendrin mal Luft zu holen. 

Am Mittwoch gibt es hier übrigens eine weitere neue Rubrik. Kommst du ‚rum?

Selbstständig als Yogalehrer – Teil 2

Du hast schon mal ein tolles Produkt …

Evelyn Schneider ist Yogalehrerin, Beraterin und Ausbilderin. Ihr Buch „Der Leitfaden. Ihr Wegweiser für alle unterrichtenden, beratenden und therapeutischen Berufe“ habe auch ich leider viel zu spät gelesen. Beim BDY (Bund Deutscher Yogalehrer) und der IFAA gibt Evelyn Schneider regelmäßig Seminare zum Thema Selbstständigkeit als Yogalehrer. Meistens sitzen die Yogis dann weniger enthusiastisch im Raum als bei Pranayama oder Anatomie. Eigentlich erstaunlich, denn das Thema „Yogalehrer als Beruf(ung)“ ist doch unglaublich spannend und inspirierend. „Vielleicht liegt es daran, dass die meisten Yogis mit ganz viel Herzblut an die Sache herangehen – was im Übrigen wunderbar und ehrenhaft ist – aber dann vergessen, was es bedeutet, wenn aus einer Leidenschaft ein Beruf wird und man plötzlich Geld verdienen muss.“ 

Im ersten Teil unseres Interviews habe ich mit Evelyn Schneider darüber gesprochen, wie wichtig der Gang zum Finanzamt ist und dass man sich vor den Themen Steuern und Versicherungen nicht scheuen sollte. Aber auch darüber, wie wichtig es ist, sich Ziele zu setzen. Und heute reden wir über … Geld!

Darf Yogaunterricht die Miete bezahlen?

Ist es denn wirklich so, dass viele Yogis glauben, sie erfüllten nicht die yogischen Leitlinien, wenn sie mit Yogaunterricht Geld verdienen? „Ja, irgendwie schon“, sagt Evelyn Schneider. Dabei sei das Quatsch. Die Nyjamas beziehen sich auf den Umgang mit uns selbst und sind dafür da, dass wir lernen, darauf zu achten, dass es auch uns selbst gut geht. „Ich kann nur Gutes an andere weitergeben, wenn es mir gut geht. Und dazu gehört heute nun mal, dass ich meine Miete zahlen kann und keine Angst vor dem Finanzamt haben muss“, sagt Evelyn Schneider. Wenn Du zu den Yogalehrern gehörst, die Schwierigkeiten damit haben, Geld für ihren Yogaunterricht zu nehmen, dann höre doch mal in den yogaeasy-Podcast „Yoga und Geld. Wieviel darf ein Yogi verdienen?“ mit Rebecca Randak. Auch wenn Yogalehrer vor 100 Jahren vielleicht kein Geld für ihren Unterricht genommen haben, dann durften sie zumindest bei ihren Schülern für Kost und Logis leben. Das wird häufig vergessen. In unserer Gesellschaft funktioniert dieses Prinzip aber nicht mehr. 

Keine Angst vor Steuern

Als ich „Der Leitfaden“ gelesen habe, musste ich über den Titel eines Kapitels sehr schmunzeln. „Hilfe, ich mache Gewinn“, hieß der. Das kam mir irgendwie bekannt vor. „Wenn du viel Geld verdienen willst, dann mach es doch“, sagt Evelyn Schneider stets zu ihren Kunden. „Ich erlebe immer wieder die Angst vorm Steuern zahlen. Aber hey, wenn du viele Steuern zahlen musst, hast du auch viel Geld verdient.“ Und Umsatzsteuer zahlen zu müssen, sei beispielsweise nichts schlechtes. „Rechne einfach immer mit den Nettobeträgen, dann musst du dir auch keine Sorgen um die Steuern machen“, sagt sie. Unser Gewinn ergibt sich aus dem Überschuss der Einnahmen über die Ausgaben. Weil wir natürlich als Selbständige immer viele Ausgaben haben, ist es gar nicht so einfach, viel Gewinn zu machen. Doch bevor man mit der Selbständigkeit starte, sollte man sich einmal über die eigene Definition von Erfolg Gedanken machen. Erfolg könne ja alles mögliche bedeuten. Es kann auch für den einen etwas völlig anderes sein als für den anderen. Beispielsweise kann Erfolg sich über viel Geld definieren, genauso gut kann Erfolg aber auch bedeuten, 450 Euro zu verdienen und dafür viel wertvolle Zeit mit seinen Kindern und der Familie verbringen zu können.

Evelyn Schneider ist selbst Yogalehrerin und berät außerdem Menschen, die sich mit beratenden, therapeutischen und unterrichtenden Berufen selbstständig machen möchten. Dabei hilft sie unter anderem auch bei so komplizierten Themen wie Versicherungen deines Yogaretreats …

Überzeuge!

Auch wenn es um das Thema Marketing geht, würden sich Yogalehrer häufig schwer tun. „Der Gedanke von ‚Klinken putzen‘ fühlt sich erst mal nicht gut an. Yogalehrer verwechseln Marketing oft damit, sich anzubiedern. Es liegt nicht in der Natur vieler Yogis sich in den Vordergrund zu schieben und laut zu sagen, was für ein tolles Produkt sie haben. Dabei ist Yoga ein ganz tolles Produkt.“ Viele glauben, sie müssten erzählen, wie toll sie sind und kämen sich dabei blöd vor. Dabei muss das niemand. Das Produkt ist toll. Es gilt, nach vorne zu stellen, welchen Nutzen der Kunde von dem Produkt hat und nicht von dem Yogalehrer. „Der Kunde erkennt schon selbst, dass wir ihm helfen können, ein Bedürfnis zu stillen und das macht uns dann für ihn toll – ohne dass wir das an die große Glocke hängen müssen“, sagt Evelyn Schneider.

Outsourcing lohnt sich

Und womit verdient man nun mehr, mit dem eigenen Yogastudio oder dem unabhängigen Unterrichten in verschiedenen Studios und Institutionen? Diese Frage liesse sich nicht pauschal beantworten, sagt Evelyn Schneider. „Es gibt da wohl keine Quote. Ich glaube, es ist am wichtigsten, herauszufinden, womit man sich wohlfühlt und was einem liegt. In meiner eigenen Situation ist es beispielsweise so, dass ich unter gar keinen Umständen an einen speziellen Ort gebunden sein möchte. Mit einem eigenen Studio müsste ich das sein. Aber so hat jeder seine eigenen Prioritäten.“

Vergesse nicht Shavasana!

Ich finde das gerade auch deswegen wichtig, weil viele Yogalehrer zu Beginn ihrer Selbstständigkeit unheimlich euphorisch sind und gerade weil sie ihre Arbeit so lieben, ganz schnell ausbrennen. Yogalehrer machen häufig den Fehler, die eigene Praxis plötzlich hinten anzustellen und weniger Pausen zu machen als sie es ihren Schülern raten. Irgendwann spüren sie dann, dass sie sich übernommen haben, oder Gefahr laufen, dies zu tun. Um so wichtiger, Dinge abzugeben, die einen nur aufhalten. Stattdessen erlaube es dir, deine eigene Praxis ernst zu nehmen, deine Matte auch als Zufluchtsort zu sehen und dich manchmal einfach mal nur in Shavasana zu begeben.

Wenn du dir gerade überlegst, dich mit Yoga selbständig zu machen, dann denke daran, dass du schon ein wahnsinnig tolles Produkt hast. „Mit Yoga Geld zu verdienen, ist etwas Gutes“, sagt Evelyn Schneider. „Mit Drogen oder Waffenhandel Geld zu verdienen – das ist etwas Schlechtes.“ 

Evelyn Schneider hat auf Facebook die Gruppe „Erfolgreiche Selbstständigkeit als Yogalehrer/in“ gegründet, in der sie ganz kostenlos Informationen zu den Themen Selbstständigkeit, Finanzamt und Steuern und Versicherungen gibt. Du musst nichts weiter tun, als der Gruppe beizutreten. 

Erfolgskonzept Savasana

Wenn Du so willst, enthält dieser Text unbezahlte Werbung für das Unternehmen yoga2b. Vor allem aber enthält er Werbung für Yoga.

Vor einigen Jahren habe ich in Hamburg mit den Mitarbeitern großer, renommierter Unternehmen in deren Mittagspause gesportelt. Meistens haben wir Yoga geübt. Dass es Großes bewirken kann, ist mir klar. Das sah ich alleine schon an den Gesichtern meiner Schüler, die mir von nachlassenden Rückenschmerzen berichteten, gesteigerter Konzentration nach der Bewegung und dem sinken Blutdruck, von dem mir sogar einer meiner Teilnehmer erzählt hatte.

Um Yoga machen zu können, haben wir gemeinsam in Seminarräumen Tische gerückt, uns auf Dachterrassen gequetscht oder auf Wiesen Matten ausgerollt. Es war eine tolle Zeit und ich hoffe, und wünsche mir, dass Yoga als aktive Pause in Unternehmen ernster genommen wird. Yoga als Erfolgskonzept in Unternehmen funktioniert, weil es ein Weg ist, motivierte Mitarbeiter zu bekommen und auch zu halten. Weil es dabei hilft, aus einem Potpourri von Einzelkämpfern und Individualisten ein Team zu bilden. Häh? Wie soll das gehen? Eine, die das nahezu perfekt vermitteln kann, ist Vanessa Hansch, früher Maempel. Im Dschungel der Yogalehrerinnen hatte sie früh eine gute Idee: Sie ist spezialisiert darauf, in Unternehmen Yoga-Philosophie zu unterrichten und gründete das Unternehmen yoga2b.

Yogalehrerin Vanessa Hansch integriert Yoga in die Businesswelt und behauptet dadurch Mitarbeiter fokussierter, belastbarer und motivierter werden zu lassen. Die Mitarbeiter eines Unternehmens sollen sich also gemeinsam verbiegen, um motivierter bei der Arbeit zu erscheinen? Klingt fast absurd. Es fängt an, Sinn zu machen, wenn man etwas tiefer in die Yogaphilosophie eintaucht. Echt? Nun mal nicht durchdrehen, oder? Vanessa Hansch schmunzelt, denn sie kann nachvollziehen, dass es sich zunächst verwirrend anhören muss, dass das gemeinsame Einnehmen von Yogahaltungen zum Erfolg im Business verhelfen soll. 

„Krieger 2“ zum Erfolg

Hansch, selbst einst klassisches Konzernkind und geförderte Nachwuchsführungskraft, ist überzeugt davon, dass Unternehmer, die yogische Werte leben, erfolgreicher sind. Was macht sie nun in ihren Workshops für Unternehmen? „Ich schaffe den Transfer von yogischen Verhaltensweisen zu alltäglichen Arbeitssituationen.“ Beispielsweise lässt sie als Teambildungsmaßnahme  die Teilnehmenden Balance-Übungen im Team machen. „Natürlich spüren alle schnell, dass alles einfacher wird, wenn man sich gegenseitig unterstützt.“ 

Theoretische Ansätze mit einer körperlichen Übung zu verbinden, führe häufig zu einem Aha-Effekt. Körperliche Übungen untermauern das, was man gerade gehört hat. Natürlich bringe auch Yoga keine neuen Erkenntnisse aber durch die körperliche Erfahrung werde vieles klarer. So wird beispielsweise versucht, zwischen den Teilnehmenden eine besondere Verbindung aufzubauen. „Eine klassische Übung: Zweierteams gemeinsam spazieren gehen lassen, ohne dass sie miteinander sprechen dürfen.“ Oder: lernen, Menschen zuzuhören, sie aussprechen zu lassen. „Für manche Menschen ist das total schwierig, andere finden es wiederum schwer längere Zeit zu sprechen ohne dass ihr Gegenüber etwas dazu sagt.“ Bei solchen Übungen geht es auch darum, mehr Mitgefühl füreinander aufzubringen. „Yoga stärkt unumstritten das Gemeinschaftsgefühl. Im Vergleich zu einem Firmenlauf, der das vielleicht auch schafft, hat Yoga aber keinen Wettkampfcharakter und das ist auch gut so. Es soll ja gerade nicht um Wettkampf gehen innerhalb des Teams. Als Einzelner krisenfest zu sein, sei nicht für alles die Lösung. 

Yoga heißt Verbindung

Erfolgreiche Menschen haben ein großes Ego. Das ist in Ordnung, aber es ist auch wichtig, dass alle wissen, dass sie miteinander etwas bewegen können – meist mehr, als alleine. Hansch behauptet: „Es gibt keinen Menschen, der nicht gemocht werden möchte. Und deswegen will auch kein Chef von seinen Mitarbeitern als Arsch gesehen werden.“ Mitgefühl sei einer der wichtigsten Bausteine für ein funktionierendes Team. „Wenn ich beginne, zu verstehen, warum mein Kollege oder mein Chef oder mein Mitarbeiter sich so verhalten hat, wie er sich verhalten hat, dann ärgere ich mich auch weniger darüber“, sagt Hansch. Dass Yoga dabei hilft, zeigt alleine schon der Name. Yoga heißt schließlich Verbindung. Und dabei geht es nicht immer nur um die Verbindung mit sich selbst, sondern auch um die Verbindung mit der Umwelt. 

Die innere Kündigung

Ein großes Problem für jegliche Unternehmen sei die „innere Kündigung“. So nennt Hansch das, wenn ein Mitarbeiter sich schon entschieden hat, lieber etwas anderes tun zu wollen, der letzte Schritt zur tatsächlichen Kündigung aber noch fehlt. Das sind die Mitarbeiter, deren Motivation bis in den Keller gesunken ist und die für ein Unternehmen schlichtweg keine großen Leistungen mehr bringen können. Daher sagt Hansch auch, fürchteten die Chefs die innere Kündigung. Vanessa Hansch behauptet, dass es möglich ist, Mitarbeiter dazu zu bringen, das Unternehmen als das eigene zu betrachten. Und das führe automatisch zum Erfolg. 

Dass Yoga zu Stressresistenz und mehr Gelassenheit verhilft, ist kein Geheimnis. Der Erfolg von Yoga ist dabei die Kombination aus körperlichen Übungen und Meditation. Yoga verhilft zu mehr Loyalität, verbesserter Produktivität und gestärkten Teamgeist. Weil diejenigen, die sich mit der Yogaphilosophie nachhaltig beschäftigen, mehr Kraft und Stärke in sich selber finden und beispielsweise lernen, dass man sich auf Dinge, die man nicht verändern kann, einlassen kann. 

Foto: Romy Geßner