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Ich ertappe mich häufig selbst dabei. „Wie war es in der Kita?“, frage ich meine knapp Dreijährige. Sie schweigt. Hartnäckig. Ein paar Tage später erzählt sie mir mit sich vor Begeisterung überschlagender Stimme – völlig zusammenhanglos: „Mama, weißt du noch, wie ich mit Thilda in der Kita Fangen gespielt habe?“ Weiß ich natürlich nicht. Woher auch?
Unerlaubte Frage
Es ist nicht nur eine alte Regel aus dem Journalismus: Auf langweilige Fragen folgen langweilige Antworten. Kinderohren schalten bei langweiligen Fragen sogar auf Durchzug. Wenn ich mich dabei ertappe, dass ich die Frage gestellt habe, die gar nicht geht („Wie war es in der Kita?“), fällt mir sofort ein, dass ich nur eine einzige Antwort erwarte: Gut. Das wollen wir hören, oder: Ich hatte großen Spaß! Was anderes kommt nicht in die Tüte. Manchmal beiße ich mir bei der Frage fast auf die Zunge. Immer dann, wenn ich sie nur gestellt habe, um zu verhindern, dass die Kleine im Auto einschläft. Oder um festzustellen, ob sie noch wach ist, ohne dabei in den Rückspiegel schauen zu müssen. „Was gab es heute zu essen?“ Auch so etwas Unnötiges. Als wäre das wirklich relevant! Ich frage es trotzdem. „Pfannkuchen“, sagt sie stolz. Am nächsten Morgen lese ich den Speiseplan. Es gab Fisch. Keine Pfannkuchen. „Pfannkuchen gab es vorgestern“, sagt die Erzieherin triumphierend. „War nicht gelogen!“ Warum frage ich das auch?
Ehrliches Interesse
Kinder- und Jugendmentaltrainerin Birgit Gattringer sagt, die Grundlagen des Dialogs seien Offenheit und ehrliches Interesse. „Wir Erwachsenen haben meistens irgendein Ziel im Kopf, was wir mit einem Gespräch erreichen wollen. Mach dich frei von Vorurteilen, von deinen Erwartungen, von deinen Lösungen, bevor du ein Gespräch mit deinem Kind startest. Mach dich auch frei von deinen Wünschen, dass sich das Verhalten deines Kindes ändern soll“, schreibt sie in „Der starkeKids Ratgeber“.
Unseren Freunden erzählen wir gerne von uns selbst. Warum eigentlich nicht unseren Kindern? Gattringer gibt genau diese Empfehlung: „Erzähle zuerst von dir, wie du etwas machst oder gerne hast. Stell dir vor, was du einem/r guten Freund/in erzählen würdest. Und genau das, erzähl deinem Kind“, schreibt sie.
“… dann erzähl ich dir von mir“
Erzähle ich meinen Kindern von meinem Tag, ist das ein wunderbarer Türöffner für gute Gespräche. Das ist mittlerweile zu einem festen Ritual zwischen mir und meinem Vorschulkind am Abend geworden. Glücklicherweise kann ich manchmal wirklich etwas Schönes von meinem Beruf erzählen. Heute zum Beispiel. Da konnte ich meiner Tochter auf die Frage: „Wie war dein Tag, Mama?“ erzählen, dass ich mit einer Frau gesprochen hatte, die Schlittenhunderennen fährt. Sie hat zehn Hunde und fährt sogar zusammen mit ihnen in die Ferien. Darüber musste ich einen Artikel schreiben. Nicht so spannend sind die Tage, an denen ich Webseitentexte über Lichttechnik-Produkte oder Online-Marketing schreiben muss. Aber manchmal habe ich dann glücklicherweise auch noch eine Stunde Yoga unterrichtet oder meinen nächsten Yogaretreat in den Bergen vorbereiten dürfen. Kinder finden ohnehin vieles, was uns Erwachsenen langweilig vorkommt, zutiefst spannend. Und das ist es ja auch meistens, nur verlieren wir in der Gewohnheit den Blick dafür. „Mama, zuerst erzählst du mir von deinem Tag, und dann erzähl ich dir von meinem Tag“, sagt meine Älteste abends im Bett zu mir. Dann führen wir eine Konversation auf Augenhöhe. Und ich erfahre jeden Tag irgendetwas Spannendes.
Hund oder Katze?
Inspiration habe ich in dem Buch von Ralph Caspers „99 harmlose Fragen für überraschende Unterhaltungen zwischen Eltern und Kindern“ gefunden. Da stehen so simple aber spannende Fragen drin wie: „Hund oder Katze?“. Wer kommt schon auf die Idee, seinem Kind diese Frage zu stellen? Meistens geht es doch eher darum, dem Kind alle möglichen Argumente gegen das Haustier an den Kopf zu knallen. Stattdessen aber gibt die Frage „Hund oder Katze“ doch sehr aufschlussreiche Informationen über die Vorlieben des einzelnen Menschen. „Welche Superkraft hättest du am liebsten?“, ist eine Frage, die man schon sehr kleinen Kindern stellen kann. Meine Tochter sagt beispielsweise: Fliegen. Ich bin erleichtert. Auch heutzutage möchten Mädchen wenn sie die Wahl haben, im Sommer keine Schneemänner bauen können. „Was tun, wenn die Ampel nie grün wird?“ Kein Wunder, dass Ralph Caspers auf solche Fragen kommt. Als Journalist und Reporter bei der „Sendung mit der Maus“ gehört das Fragen zu seinem Job. Als ich ein Kind war, gab es nur zwei Wahlmöglichkeiten wenn es um Fernsehen ging. Sendung mit der Maus war Wochenende und sonst kam Sesamstraße. Wer nicht fragt, bleibt dumm, hieß es da schon so schön. Auf so etwas kommen sie bei Paw Patrol, Lillifee, Bibi und Tina oder wie sie heute alle heißen, natürlich nicht. Ich freue mich schon darauf, wenn meine Kinder alt genug sind, ihnen die Frage zu stellen, welche Eigenschaft von mir sie auf gar keinen Fall übernehmen möchten.