Schlagwort: Selbstbewusstsein

Selbstwert statt Kardashian

Dieser Text enthält unbezahlte Werbung für die gute Sache

Wie geht es eigentlich der Jugend? Gerade hat eine Frau als Kanzlerin abgedankt, die für Jugendliche ein ganzes Leben lang das Land regierte. Corona hält Jugendliche seit zwei Jahren zurück. Versprechungen werden gebrochen. Aufgehoben ist heute aufgeschoben. Und dann auch noch: Instagram. „Fotografie ist die größte Bewusstseinsmaipulationsmaschine der Welt, und es wird immer schlimmer“, sagte der Fotograf Thomas Ruff Mitte November im Interview mit dem Süddeutsche Magazin. „Jeden Tag werden Millionen von Bildern ins Netz geladen und damit auch Millionen von Lügen. Denken Sie an Millionen Mädchen, die jeden Tag verzweifelt versuchen, sich wie Kim Kardashian zu schminken.“ Ja. Ich denke daran. Schon länger. Jacqueline Draheim-Frank auch. Die passionierte Yogalehrerin studierte Biologie und Germanistik auf Lehramt sowie Psychologie. Sie besitzt die Zulassung als Heilpraktikerin für Psychotherapie und arbeitet in Berlin und Potsdam mit Jugendlichen. Sie kennt sowohl diejenigen, die behütet aufgewachsen sind, überschüttet werden mit Liebe und Erwartungen, aber auch diejenigen, die aus dem sozialen Brennpunkt in der Hauptstadt kommen. Sie kennt Jugendliche mit Burnout und welche, die nie Nestwärme kennengelernt haben. Und sie weiß: Yoga für Jugendliche hat nichts mit Kinderyoga zu tun. Ich wollte schon lange mit ihr reden. Denn sie hat ein Buch geschrieben, gemeinsam mit Jugendlichen. Es heißt „Online mit mir selbst“

Wie ist sie darauf gekommen? Beim Yoga natürlich. Da gab es junge Leute, die sagten ihr plötzlich: „Das was wir durch Yoga kennengelernt haben, das sollten mehr Jugendliche kennenlernen.“ Und dann nahm das Projekt seinen Lauf.

Yoga für Jugendliche: Yoga meets Bodywork

Jacqueline sagt: „Im Yoga dürfen die Jugendlichen mal durchatmen.“ Aber bis sie an diesen Punkt kommen, dauert es meistens ein bisschen. Deswegen, sagt Jacqueline, selbst Mutter von Jugendlichen, dürfe Yoga für junge Menschen zunächst ruhig einem Fitness-Konzept ähneln. „Am Anfang muss eigentlich die Asana-Praxis im Vordergrund stehen. Ich mache dann so eine Art „Yoga meets bodywork“. Die Jugendlichen wollen sich bewegen, die Mädchen wollen Bauch-Beine-Po. Als Yogalehrer kann man dann entweder aufschreien oder man sagt: ‚Okay, komm, das ist gut; die müssen erst mal in ihren Körper kommen.‘ Ich habe es nicht gewertet, wenn die Jugendlichen gesagt haben: ‚Ich will den Sixpack.‘ Irgendwann später kann man das dann mal thematisieren und fragen: ‚Oder ist es die starke Mitte, die eigentlich wichtig ist?‘ Aber am Anfang wollen Jugendliche nicht zum Yoga kommen, um zu meditieren.“

Jugendliche wollen kein Kinderyoga

Die Realität ist: Für Jugendliche gibt es wenig Yogaangebote. Oder besser: wenig gute. Dabei brauchen gerade die Heranwachsenden einen Herzenskompass. „Wir müssen Jugendliche stärken. Ihnen Selbstwertgefühl geben. Alles, was in dieser Zeit nicht gut läuft, hat einen wahnsinnig starken Einfluss. Und hier kann Yoga so viel bewirken“, sagt Jacqueline. Sie unterrichtet seit vielen Jahren bei Spirit Yoga in Berlin. Kürzlich habe sie gelesen, dass ein Viertel aller Jugendlichen psychische Störungen habe. „Wie heftig ist das denn?“, sagt sie schockiert. 

Das Soziale Dilemma

Wir kommen natürlich schnell auf Social Media zu sprechen. Weil ich schon lange beobachte, was das mit einem macht. „Jugendliche haben heute eine ganz andere Aufgabe als wir noch damals. Sie müssen nicht nur eine Identität in ihrer Klasse entwickeln, in ihrem Freundeskreis, sondern auch eine digitale Identität. ‚Hast du Insta?‘, das ist heute die erste Frage, die Jugendliche einander stellen, wenn sie sich kennenlernen. Und dann ist da sofort ein enormer Druck.“ 

Zum Beispiel der Druck, sich so zu schminken, wie die Kardashians. Das Schwierige an der ganzen Sache ist: Schon Erwachsene haben oft kein Selbstwertgefühl. Und Selbstwertgefühl ist so wichtig, wenn wir uns in die Sozialen Medien begeben. Wie sollen Erwachsene es also Jugendlichen und Kindern vermitteln? Das ist ein bisschen so, wie dem gestressten Gymnasiallehrer zu erzählen, er müsse jetzt auch Achtsamkeit mit in den Lehrplan nehmen. „Instagram ist wie eine Bewerbungsmappe“, sagt Jacqueline. Und Instagram bedeutet, den ganzen Tag über Vergleiche zu ziehen. Und so kommt man automatisch ins Leiden. Gibt es einen Weg dort hinaus? „Alle löschen, die einem nicht gut tun“, sagt Jacqueline, „dann kann Instagram natürlich auch gute Seiten haben. Aber wer hat schon so viel Selbstwert, dass du immer damit umgehen kannst und es verstehst, im Moment zu leben?“ In ihren Yogastunden lehrt sie ihre Schüler/innen Achtsamkeit. „Kümmere dich um den Mensch der vor dir steht und nicht um irgendeinen schönen Bauch auf Instagram“, sagt sie. 

Sei dir selbst ein Freund

Als Eltern habe man die Aufgabe, den Kindern immer wieder zu zeigen, dass sie gut sind, wie sie sind. „Das ist unser Erziehungsauftrag“, sagt sie bestimmt. Den Jugendlichen zeigt sie, wie sie sich selbst ein eigener Freund, eine eigene Freundin sein können. „Das haben viele verlernt.“ 

In „Online mit mir selbst“ geht es um Felicy, ein Mädchen, das auf dem Weg ist, erwachsen zu werden. Und das ist manchmal ganz schön anstrengend – vor allem, wenn man mit seiner durchgeknallten Ökomama in Berlin-Mitte lebt und sich unglücklich verliebt. Die Geschichte von Felicy ist aber nicht nur eine Geschichte, sondern zeitgleich ein Ratgeber für die Pubertät. Promis, Mediziner, Psychotherapeuten, Influencer, Sportler, Yogalehrer, Unternehmer und die Jugendlichen selbst geben Tipps, Erkenntnisse und zumeist Antworten auf die Frage: Was hättest du deinem jüngeren Ich gesagt? Das Buch ist ein Werkzeugkoffer mit Tools für das Selbstwertgefühl.

Yogalehrer/in für Jugendliche

Jacqueline Draheim bietet übrigens bei Spirit Yoga auch eine Ausbildung als Yogalehrer für Jugendliche an. Denn Yoga für Jugendliche muss sich unbedingt von Kinderyoga unterscheiden. In dem Kurs vom 1. bis 3. April in Berlin lernst du unter anderem, welche Themen besonders relevant für die Unterrichtsgestaltung sind, warum nur wenige Jugendliche zum Yoga finden und wie wir das ändern können, auf welche Schwierigkeiten bei dieser Arbeit du vorbereitet sein solltest und vieles mehr. 

Fuck the Mindfucks!

Ich platze gleich damit heraus: Fuck the Mindfucks! Das ist mein neues Motto. Einer meiner Mindfucks: „Ich bin zu alt fürs Bloggen“ flog hier im August in ganz großem Bogen über Bord. Und falls Du auch irgendwelche Mindfucks hast, dann weg damit. Das ist meine Erkenntnis aus dem Monat August.

Mein Business macht ’nen Handstand

Im August habe ich etwas gemacht, was ich sonst nie mache. Ja echt. Ich habe an einer Challenge teilgenommen, die mir auf Facebook in Form einer Werbeanzeige vorgeschlagen wurde. What? Ja. Ist sonst eher nicht so meine Art. Was ich so ansprechend fand, war die Kombination. Das nennt man wohl Alleinstellungsmerkmal und ist das, was sich am Ende gut verkauft. Zurecht. „Händständ your Business“ hieß die Challenge und eine sympathische Texterin, die Sympatext(erin).com nämlich, wollte uns Teilnehmenden innerhalb von vier Wochen beibringen, wie der Handstand geht und na ja, wie man gleichzeitig eben auch noch sein Business rockt. Texten – passt zu mir. Handstand ist etwas, was alle meine Yogaschüler lernen wollen. Eine neue Perspektive darauf zu bekommen, wie man es ihnen näherbringen kann – das fand ich spannend. Mal weg von dem ganzen yogischen Asana-Programm. Stattdessen schien diese Challenge ja zu versprechen, wie jeder Mensch in vier Wochen den Handstand lernen kann. Welcher meiner Schüler/innen würde mir wohl glauben, wenn ich versprechen würde, dass er/sie in vier Wochen den Handstand macht …? Also klick gemacht und keine zwei Sekunden später die Willkommen-im-Club-Email erhalten.

Mehr weibliche Meinungen

Den ganzen August über und noch in den September hinein habe ich viele Mails von der sympathischen Sympatexterin bekommen. Darunter unter anderem eine wöchentliche PDF mit den Übungen inklusive Warm-up und Cool-down der Woche. Zusätzlich dazu lieferte sie aber auch Ideen für Blogartikel und so weiter. Und obwohl es ihr am Ende des Tages natürlich darum ging, ihr Business-Coaching zu verkaufen, hat mich keine einzige Mail genervt. Weil sie einfach gut geschrieben waren. Und lustig. Ich habe aus dieser Challenge also gleich schon mal gelernt: Newsletter-Mails müssen nicht nervig sein. Vorab: ich habe (noch) keinen Kurs bei Judith Peters, so heißt die Sympatexterin nämlich mit richtigem Namen, gekauft. Ich kannte sie nicht vorher und ich kriege auch kein Geld von ihr, weil ich jetzt diesen Text hier schreibe. Aber wenn Du gerade überlegst, Deine Webseite auf Vordermann zu bringen, Dir unsicher bist, wie das funktionieren soll, dann lohnt es sich schon mal, den Sympatexter-Newsletter zu abonnieren. Judith Peters weiß nämlich, dass gerade Frauen sich wahnsinnig schwer damit tun, mit dem Bloggen anzufangen. Unsere Meinung öffentlich kund zu tun, ist uns schließlich auch irgendwie ein bisschen unheimlich. Das war es für mich zum Beispiel auch, als ich diesen Text über das Tragen einer Maske geschrieben habe. Judith Peters sagt, dass die Welt mehr weibliche Meinungen braucht. Und die transportieren wir nun mal in erster Linie und am allerschnellsten über unseren Blog. Deswegen unter anderem, ist es so wichtig, dass wir unserer Webseite eine Stimme geben. 

Warum jetzt eigentlich Handstand?

Ab und zu mal die ganze Last, die auf den Füßen liegt, auf die Hände übertragen …

Aber was hat das jetzt alles mit dem Handstand zu tun? Und wieso kann man den Handstand mit der Webseite verbinden? Ich finde es grundsätzlich angenehm, wenn ich manchmal meine Welt auf den Kopf stelle, die Perspektive verändere, in dem ich mich in eine Umkehrhaltung begebe. Mache ich seit der „Händständ your Business“-Challenge wieder öfter. (Hier gibt es übrigens noch einen schönen Beitrag von Judith zum Thema was man über den Handstand bloggen kann.) Das ist aber gar nicht die größte Erkenntnis, die ich aus „Händständ your Business“ gezogen haben. Stattdessen: Man kann (fast) alles lernen. Und in der heutigen Zeit können wir auch fast alles machen. Ich meine jetzt nicht die unnötigen Sachen, wie als Tourist zum Mond zu fliegen, Fertiggerichte zuzubereiten, oder Weichspüler in unsere Waschmaschine zu kippen, sondern eher genau die Klamotten anzuziehen, die wir anziehen möchten, genau die Frisur zu tragen, die wir tragen möchten, genau den Job zu haben, den wir haben möchten … und so weiter. Wir sind – auch wenn das gerade heiß diskutiert wird – in unserer Freiheit wirklich nicht eingeschränkt. Und deswegen können wir auch mit über 40 noch mit dem Bloggen beginnen oder mit 50 einen Handstand lernen. Der Handstand, so hat Judith Peters das auch sehr schön ausgedrückt, steht eigentlich nur als Synonym für alles, was wir gerne können möchten. 

Und jetzt bitte Spagat

In vier Wochen mach ich Spagat. Locker, oder?

Was Judith mir also in den vergangen vier Wochen vor allen Dingen beigebracht hat, ist: Ich bin nicht zu alt fürs Bloggen. So. Das war einer meiner Mindfucks. Ich bin mir auch heute noch nicht immer sicher, ob meine Texte richtig gut sind, ob sie irgendjemanden berühren oder jemandem dabei helfen, einen Mindfuck aufzulösen … Ist aber auch egal. Raus mit dem Zeug. Den Mindfucks und den Worten.

Ich habe schon vor der „Händständ-your-Business“-Challenge begonnen, unregelmäßig an meinen Fähigkeiten für Hanumanasana, den Spagat, zu arbeiten. Und irgendwann kam dann eine Mail von Judith, in der sie schrieb: „So, und als nächstes dann der Spagat. Aber nicht am Boden. Das kann ja jeder. Sondern im Handstand.“ Ja, sagte ich doch, lustig. In vier Wochen werde ich 41. Und bis dahin mach‘ ich wieder den vollen Spagat. Bist Du dabei?