Schlagwort: Yogaphilosophie

Krieg in Europa!?!

In Europa gibt es wieder Krieg. Ein Satz mit sechs Wörtern. 

Ein Satz, dessen Sinn nicht zu fassen ist. Ich habe immer gedacht, dass ich mich zu Politik hier auf dieser Plattform nicht äußern möchte. Ich dachte immer, ich verstehe zu wenig davon. Ich dachte, es geht hier um den nicht immer ganz ernst gemeinten Versuch, Yogaphilosophie in den Alltag einer Westeuropäerin im 21. Jahrhundert zu bringen. Genau. Darum geht es. Und mittlerweile weiß ich, das erste, was man tun kann, wenn so etwas Ungerechtes, Unfassbares und Grauenvolles passiert, ist etwas zu tun. Und in der Ohnmacht und dem Glaube, nichts tun zu können, ist das erste, was man tun kann, etwas zu sagen. Auch wenn ich nicht wirklich weiß, was ich sagen soll. Es ist besser etwas zu sagen als nichts zu sagen. Das ist genauso, wenn ein Freund einen nahestehenden Menschen verloren hat. So zu tun als wäre nichts gewesen, ist das Schlimmste für Betroffene. Obwohl wir Angst haben, etwas Falsches zu sagen, ist etwas Falsches immer noch besser als gar nichts. Als einfach weiterzumachen und den Schmerz der anderen zu ignorieren. Natürlich mache ich auch einfach weiter hier.

Ich kaufe keine Vorräte ein. Aber ich sorge mich um die Menschen, die mitten im Krieg sind. Ich frage mich, wie das passieren konnte. Wie jemand so sein kann wie Herr Putin. Wie jemandem das Gefühl der Macht so viel geben kann. Ich frage mich auch, was so ein Mensch als Kind erlebt haben muss. Wie viel Hass und Gier sein Leben genährt haben müssen. Krieg kann doch niemals eine Lösung sein. Warum ist das immer noch nicht allen klar in Europa?

Es ist Krieg. Und da haben wir uns zwei Jahre lang über das Tragen von Mund-Nasen-Schutz in der Öffentlichkeit aufgeregt. Ich muss schon sagen … Wenn ich in den nächsten Wochen, in denen überhaupt noch eine Maskenpflicht besteht, irgendjemanden, der nicht maskenbefreit ist, darüber klagen höre, einen Mundschutz tragen zu müssen, muss ich schwer an mir halten, meine yogische Grundfreundlichkeit nicht gänzlich zu vergessen. Oder wenn mir jemand begegnet, der darüber klagt, die Freiheit in unserem Land sei eingeschränkt, weil wir uns testen lassen müssen oder geimpft sein sollen, bevor wir ins Kino gehen. WHAT THE FUCK??!! Ich habe in diesem Jahr häufiger gelacht, wenn ich auf einer Plattform wie Facebook solche Sprüche gelesen haben: „Wo ist unsere Demokratie hin?“ Man mache sich nur die Absurdität eines solchen Postings bewusst. Auf Facebook!?! Gäbe es hier keine Demokratie, würden Menschen, die so etwas posten, gleich von der Polizei eingesammelt. Ich erinnere da immer gerne an die belarussische Sprinterin Kristina Timanowskaja, die sich während der Olympischen Spiele auf Instagram kritisch über einen Entscheid der Trainer zur Besetzung der 4×400-Meter-Staffel geäußert hatte. Nun lebt sie im polnischen Exil und wird in der Öffentlichkeit von Bodyguards begleitet. Um ihre Angehörigen in Belarus macht sie sich immer noch Sorgen. Und das ist „nur“ ein Beispiel, das wir kennen, weil die Betroffene zufällig auf der Bühne Olympischer Spiele stand.

Ich glaube, es ist an der Zeit, noch mal ein bisschen enger zusammenzurücken. Sich nicht über jeden Scheiß zu ärgern und insbesondere sich selbst bewusst zu machen, wie gut es uns hier geht. Die Uneinigkeit über den Umgang mit einer Pandemie vergessen und stattdessen uns wieder öfter umarmen, einander zuhören. „Darf ich heute Abend überhaupt für Freunde kochen, mit ihnen klönen und fröhlich sein?“, frage ich. „Also ein bisschen so tun, als ginge das Leben einfach weiter?“  „Du tust doch nicht so…“, flüstert das Leben, „ich tue das für dich.“‘, postete Claudia Schaumann aka wasfuermich am Freitag auf ihrem Instagramprofil.

Wann sollen wir das Leben endlich genießen, wenn nicht jetzt? Ich habe dieses Wochenende meine Kinder kaum aus den Augen gelassen. Diesen Text schreibe ich, während sie ruhig schlafen. Wir haben ganz viel gespielt, gekuschelt, gelacht. Ich habe ihre Nähe gesucht und sie bewundert. Kinder würden niemals Kriege anfangen. Ich bin per Zufall über diesen Artikel von Businesscoach Sigrun Gudjonsdottir im Netz gestolpert. Er beschreibt, was wir eigentlich gerade tun können. Und jetzt hoffe ich schwer, dass wir denen helfen, die flüchten, sie nicht abweisen. Das alles können wir tun. Jetzt.

Aparigraha und Weihnachten

Ich gebe es gleich zu, ich liebe Weihnachten. Ich freue mich auch jedes Jahr auf die Adventszeit. Die Magie, die von Weihnachten und den letzten Wochen des Jahres ausging als ich ein Kind war, ist nicht verlorengegangen. Seit ich Mama bin hat Weihnachten wieder einen ganz besonderen Zauber. Ich mochte die Adventszeit mit ihren Lichtern, ihrer Gemütlichkeit, die dem Winter etwas Besonderes gab, dazu führte, das Jahreszeiten ihren Reiz hatten, schon als Kind. Der Winter war irgendwie schön, und Weihnachten machte ihn besonders. Es gibt diese eiskalten Wintertage, wenn der Duft von Kaminfeuer in der Luft liegt – noch heute riecht das für mich wie Weihnachten – auch wenn Weihnachten in den letzten Jahren eher 13 Grad und Regen bedeutete … 

Natürlich ging es als Kind vor allem um den Zauber der Geschenke, die Überraschungen. Was würde wohl unterm Baum liegen? Ich weiß, dass es manchmal enttäuschte Gesichter gab und dass an Weihnachten auch immer Erwartungen geknüpft waren. Als wir nach und nach alle erwachsen wurden, wurden die Geschenke weniger wichtig, stattdessen wuchs die Bedeutung des Zusammenseins. Weihnachten bedeutete, dass wir uns alle im Haus meiner Eltern trafen und Zeit füreinander hatten, nicht nur zusammen zu Abend aßen sondern auch nach dem Ausschlafen gemeinsam frühstückten. Weihnachten bedeutete Rumlungern ohne Reue. Spazieren zu gehen. Es sich gemütlich zu machen. Mittlerweile feiern wir nur noch alle zwei Jahre bei meinen Eltern. Die Jahre dazwischen in Dänemark, bei der Familie meines Mannes. Dort gibt es schon länger die Regel: Geschenke sind eigentlich für die Kinder. So gibt es also nur alle zwei Jahre Geschenke. Was soll ich sagen, dieses Jahr wären eigentlich Geschenke dran – nun ist das mit dem Reisen ja etwas schwierig zurzeit. Fakt ist: Ich habe noch nicht entschieden, wie unser Weihnachten 2020 ablaufen soll. 

In meiner Familie ist es eine Tradition vor Weihnachten Wunschzettel zu schreiben. Nicht nur die Kinder. Mittlerweile ist das zum Teil richtig anstrengend geworden, die Wunschzettel sind ein großes Thema, an Weihnachten werden sie genau durchdiskutiert, manchmal sogar bewertet und es ist schon wichtig, dass man sich beim Erstellen auch Mühe gibt; zum Teil werden sie mit InDesign erstellt. Danach schön ’ne PDF gemacht. In Wahrheit ist es nicht wichtig, dass am Ende auch wirklich etwas unterm Baum liegt, das auf dem Wunschzettel stand. Es geht vielmehr darum, es den anderen nicht so schwer zu machen; ihnen eine Idee zu geben, worüber man sich freuen würde. Als Erwachsene habe ich gelernt, Erwartungen loszulassen und die Geschenke sind wirklich – ich schwör’! – nicht mehr wichtig für mich. Trotzdem finde ich, dürfen wir uns auch als Yogis über Geschenke freuen. Für mich stehen Aparigraha (Bescheidenheit), eines der fünf Yamas, der ethischen Regeln, die sich auf unser soziales Leben und unseren Umgang mit der Umwelt beziehen, und das Annehmen von Geschenken nicht im Gegensatz zueinander. Aparigraha soll uns lehren, dass überflüssiger Besitz wahnsinnig machen kann. Horten ist, wie wir ja alle im Zuge der Covid-19-Pandemie erfahren und zum Teil vielleicht sogar gespürt haben, ziemlich egoistisch. Bei diesem Prinzip geht es darum, loslassen zu können, überflüssigen Konsum zu vermeiden, aber auch Menschen und Situationen freilassen zu können. Trotzdem bin ich überzeugt davon, dass wir uns auch als Yogis über materielle Dinge freuen dürfen. Die Frage ist, in welchem Maß uns diese Dinge wichtig sind. Glauben wir, Frieden in ihnen zu finden?  Dann werden wir den Frieden vermutlich lange suchen. Ich kann mich sehr wohl über ein schönes Geschenk freuen, ich weiß aber, dass dieses Geschenk mich nicht wirklich glücklicher machen wird. Wenn wir etwas Materielles unbedingt wollen, sollten wir vielleicht hinterfragen, warum wir es unbedingt wollen. Materielle Dinge machen uns als Menschen nicht wertvoller, sie können Freude machen. 

Geschenke, die mit Liebe ausgesucht wurden, anzunehmen, ist etwas Schönes. Genauso schön finde ich es, andere zu beschenken! Ist das mittlerweile nicht fast schöner als selbst Geschenke auszupacken? Das Einpacken vor Heilig’ Abend macht doch mehr Spaß als das Auspacken. Weil man sich so schön ausmalen kann, wie man jemand anderem eine Freude bereitet. Trotzdem renne ich nicht durch den Advent wie eine Irre, um Geschenke zu besorgen. Schon gar nicht in diesem Jahr. Advent heißt Ankunft. Ich will sie nicht verpassen. Ich will nicht an Weihnachten denken, dass die Adventszeit an mir vorbeigerauscht ist, weil ich ständig das Gefühl hatte noch dringend irgendetwas erledigen zu müssen. Gestern war Black Friday,  diese amerikanische Erfindung am Tag nach Thanksgiving. Ich habe gar nichts bestellt. Ich brauchte nichts. Nicht einem Rabatt hinterherjagen, der in Wirklichkeit gar keiner ist, weil ich ohne Black Friday vielleicht gar nicht den Gedanken gehabt hätte, etwas zu kaufen …

Ich bin in meinem Konsumverhalten entspannt geworden. Ich versuche, nachhaltig zu sein. Das gelingt mir nicht immer, vor allem nicht bei den Geschenken für die Kinder. Viel zu viel Plastik. Dafür aber bei Kleidung. Meine Jeans (und mittlerweile viele anderen Sachen auch) kaufe ich meistens gebraucht, weil ich weiß, wie unfassbar umweltbelastend die Herstellung ist. Ich schaue schon mal nach, wie Unternehmen wirtschaften, wie sie Waren herstellen, wie sie mit dem Geld, das ich ihnen überweise, umgehen, bevor ich was bestelle. Ich definiere mich nicht über mein Auto. Vor allem aber:  Ich bin auch nicht neidisch auf diejenigen, die ein besonders teures fahren. Für mich bedeutet Aparigraha in erster Linie ohne Neid und Gier zu leben. Aparigraha heißt für mich, dass wir uns nicht kaufen lassen dürfen – und natürlich auch andere mit unseren Geschenken nicht kaufen sollen. Es gibt ja auch noch einen großen Unterschied zwischen Gier und der reinen Lust und Freude auf etwas.  Ich hoffe, du genießt es dieses Jahr, beschenkt zu werden und vor allem, andere zu beschenken. Und falls du dir über Aparigraha Gedanken gemacht haben solltest, relax! Das Jahr war anstrengend genug. Wir haben es verdient, zu genießen. Hab einen schönen ersten Advent!

 

„Namaské“ – Und wenn es nur ein Zeichen ist?

Dieser Beitrag enthält unbezahlte Werbung, und zwar Werbung für das Tragen eines Mund-Nasen-Schutzes, im Besonderen für den von Armedangels.

Ich schreibe diesen Text ohne Fakten auf den Tisch zu legen. Ich könnte recherchieren, warum Wissenschaftler das Tragen eines Mund-Nasen-Schutzes empfehlen, gleichzeitig würde ich irgendwo jede Menge darüber finden, warum die Atemschutzmasken-Gegner das Gegenteil beweisen werden. Mache ich alles nicht. Warum ich Masken trage, steht weiter unten im Text. Mich beschäftigt viel mehr die Frage, warum wir eigentlich ein Problem damit haben, diese Masken zu tragen. Warum das Thema Atemschutzmaske die Gesellschaft spaltet. Warum wir uns über ein kleines Stück Stoff so sehr aufregen, obwohl es unser Leben doch gar nicht so sehr beeinträchtigt. Das interessiert mich. Und während ich mich damit beschäftigte, wurde mir klar, dass das Tragen von Atemschutzmasken eigentlich sehr yogisch ist.

Ein Oberflächenproblem

Das Individuum wird in unserer Kultur gefeiert. Wir erzählen schon unseren kleinsten Kindern, dass sie einzigartig und wunderbar sind. Wir versuchen krampfhaft, so zu erziehen, dass sie ja auch spüren, dass jede Facette ihres Seins ihre Berechtigung hat und uns als Menschen ausmacht. Das ist gut und soll auch so bleiben. Aber vielleicht ist es das, was dazu führt, dass wir ein Problem damit haben, einen Mundschutz zu tragen. Warum regen wir uns so sehr darüber auf, dass wir Mund und Nase  – beim Einkaufen beispielsweise – mit einem Stück Stoff bedecken sollen? Vielleicht glauben wir, wenn das Gesicht unsichtbar sei, dann seien auch wir nicht mehr individuell, einzigartig, unverkennbar. Das ist aber Quatsch. Denn wir bleiben wer wir sind. Nur eben nicht an der Oberfläche. Das Mundschutz-Problem könnte also auch ein Oberflächenproblem sein. 

Nur Höflichkeit

Ich gebe zu, meine Meinung im Bezug auf den Mundschutz hat sich in den vergangenen acht Monaten verändert. Noch vor einem Jahr habe ich Menschen verwundert wahrgenommen, die am Flughafen, am Bahnhof oder in der Innenstadt mit einer Atemschutz-Maske herumgelaufen sind. Heute weiß ich, dass das Unwissenheit von mit war. Nahezu Dummheit. Denn diese Menschen wollten nichts anderes, als mich schützen. Darauf gekommen bin ich erst durch das Gespräch mit einer Japanerin. Die engste Freundin meiner Tochter ist Halb-Japanerin. Als wir Mütter uns – aufatmend, dass es endlich wieder erlaubt war – nach Pfingsten mit unseren Kindern draußen verabredet hatten, sprachen wir natürlich auch über Covid-19, über unsere unterschiedlichen Kulturen und wie wir mit der neuen Situation umgingen. In Japan ist Mundschutz tragen nicht erst seit Corona en vogue und was für uns alle bislang vielleicht wie eine übertriebene Vorsichtsmassnahme aussah, ist für die Japaner nichts anderes als ein Stück Höflichkeit. „Wir sind so aufgewachsen“, sagte Etsu zu mir. „Sobald wir husten oder niesen müssen, ziehen wir uns einen Mundschutz an. Es ist Höflichkeit gegenüber den anderen Menschen.“ Deswegen hatte sich für die Japaner diesbezüglich nicht viel geändert. Dort hat sowieso jeder einen Mundschutz dabei. Diese Erklärung hat mir ausgereicht. Und in ihr liegt natürlich auch die Krux, denn ich bin mir sicher, würde ein Mundschutz vor allem den Träger schützen, würden weniger Leute sich beim Tragen so anstellen. Er schützt aber – vermutlich – vordergründig die anderen und das scheint das Problem zu sein. Warum eigentlich? Ist das nicht schade? 

Ich verbeuge mich vor dir – aber ich niese dich auch gerne an

Im Yoga geht es nicht nur um Asanas, also darum, wie weit ich meinen Körper in besondere Haltungen bringen kann. In der ursprünglichen Philosophie ist Yoga ein Weg, genauer ein achtgliedriger Pfad, der am Ende zur Erleuchtung – was immer das auch bedeuten mag – führen soll. Noch vor dem Üben von Asanas, nämlich an allererster Stelle des achtgliedrigen Pfades, stehen die Yamas, fünf ethische Prinzipien der Enthaltung. Die Yamas sind eine Anleitung, wie man sich gegenüber seiner Umwelt verhalten sollte. Jedes Yama-Prinzip ist gleichzeitig eine Übung im Glauben und dessen Umsetzung in eine Handlung. Das erste Prinzip der Yamas heißt Ahimsa und bedeutet so etwas wie Gewaltlosigkeit. Viele Yogis schreien das gerne besonders laut heraus und erzählen dann anderen, dass sie kein Fleisch essen dürfen und keine Ameisen umbringen sollen. Kann man so machen. Aber Ahimsa bedeutet auch: niemanden mündlich zu verletzen, niemandem zu schaden auf der Ebene des Sprechens, des Handelns und des Denkens. Das ist nicht einfach, ich behaupte nicht, dass ich das zur Perfektion beherrsche. Natürlich nicht. Immer sanftmütig zu denken und zu handeln, das ist kaum möglich. Ich nehme es gleich vorweg: Ich bin gut darin, mit den Augen zu rollen. Niemand von uns schafft es, von oben bis unten Gutmensch zu sein. Bestimmt hat jeder von uns schon mal etwas gekauft, weil es billig war und wir haben nicht darüber nachgedacht, warum es billig ist und dass diejenigen, die es herstellen mussten, ganz bestimmt ausgebeutet wurden oder dass Tiere dafür sterben mussten. Passiert. Ist nicht schlimm, so lange wir uns mehr und mehr darüber bewusst werden und versuchen, es besser zu machen. Wie gesagt, es geht uns ja allen so. Ahimsa bedeutet zum Glück ja auch, dass wir sogar mit uns selbst nachsichtig sein dürfen. 

Aber was Ahimsa für mich am allermeisten bedeutet, ist, mit seiner Umwelt und dazu zählen nun mal auch Menschen, rücksichtsvoll umzugehen. Und einen Mund-Nasen-Schutz zu tragen, wenn ich mich in den Supermarkt, auf die Bank oder in sonst ein Gebäude oder Verkehrsmittel begebe, in dem sich viele andere Menschen befinden, ist nichts anderes, als rücksichtsvoll. Ganz abgesehen von Corona, wäre es ja auch schön, wenn man auf die eine oder andere Erkältung verzichten könnte. Und wenn der Mund-Nasen-Schutz, den ich beispielsweise am Tag bestimmt nicht länger als 20 Minuten tragen muss, meinen Gegenüber vor einer Erkältung schützt, dann ist das schon ziemlich grandios. Zu Beginn der Corona-Krise, ich glaube, es war gerade Anfang April, schrieb Sven Stockrahm in der Zeit einen Bericht zur Maske. Da war sie noch nicht Pflicht. „Vielleicht sind Masken nur ein bisschen mehr als ein Zeichen. Na und?“, schrieb er da. Der Mundschutz symbolisiere auf jeden Fall eines: „Ich kann nicht wissen, ob ich infiziert bin, aber ich versuche, euch nicht anzustecken.“ Mal ehrlich, ist das nicht eigentlich das Mindeste, was jemand, der versucht, Ahimsa zu leben, in der Corona-Pandemie machen kann?

Nicht ohne meinen Speichel

Namasté, der Gruß der Yogis, heißt „Ich verbeuge mich vor dir“. Das ist die simple Übersetzung. In Wahrheit heißt es viel mehr als das. Aber im Grunde genommen geht es darum, dass wir denjenigen, die uns begegnen, mit Respekt gegenüber treten sollten. Eine Maske zu tragen, bedeutet nichts anderes, als respektvoll zu handeln. Sie schützt nämlich auch davor, dem anderen eine ordentliche Portion unseres Speichels zu verabreichen – egal ob wir krank sind oder nicht.

Echtes Yoga, schlechtes Yoga

Ich sage immer: „Finde dein Yoga. Es muss ja nicht Yoga sein.“ Trotzdem finde ich Yoga oder das was wir heute darunter verstehen, wirklich richtig gut. Ich werde in diesem Beitrag nicht all die positiven Einflüsse, die eine regelmäßigen Yogapraxis auf uns hat, aufzählen (vielleicht mache ich das mal an anderer Stelle, es ist ein Thema, das mich sehr beschäftigt und ich werde nicht müde, darüber zu reden und zu schreiben …). Was mich an der Yogaszene aber nervt, ist, dass vieles, was heute als „Yoga“ bezeichnet wird, von anderen Yogatreibenden belächelt wird. Es fällt mir immer wieder auf, dass Menschen Yoga in „echtes“ und „schlechtes“ Yoga unterteilen. 

Eine meiner schönsten Yogastunden habe ich auf dem Pazifik erlebt. Auf einem Stand-up-Paddle-Board. Dabei macht man Yoga auf einer Art Surfbrett, es ist wackelig. Wenn man die Augen schliesst, hört man das sanfte Plätschern der Wellen, manchmal das Kreischen einer Möwe. Ich fühlte die Wellenbewegungen unter meinem Körper und wenn ich beim Yoga eins mit der Natur war, dann garantiert in dieser Situation. Ich hatte Glücksgefühle. Sehr großen Spaß machte mir dann auch die Einheit auf einem ähnlichen Board – allerdings an Land. Es war ein Brett, dass das Stand-Up-Paddle-Board an Land simulieren sollte. In dieser Stunde in einem Fitness-Studio in Los Angeles lachte ich sehr viel. Beides, Yoga auf dem Stand-Up-Paddle-Board oder der Alternative an Land, ist eine wunderbare Erfindung. Das Indoor-Board, unter das man kleine Luftkissen schiebt, damit die Wellenbewegungen auf dem Wasser simuliert werden können, hilft gerade unbeweglichen Schülern eine massive Verbesserung der Flexibilität der rückseitigen Oberschenkelmuskulatur und in der Schulter zu erreichen. Die Möglichkeit, sich beispielsweise in Lunge-Positionen oder Vorwärtsbeugen an etwas festhalten zu können – nämlich an dem Boardrand – und dabei aktiv zu spüren, wie man die Schulterblätter nach hinten unten schiebt, hilft den Übenden enorm. 

Ich bin froh, dass in Los Angeles Bryan Kest nach vielen Jahren Training in Hawaii und Mysore mit Power Yoga Santa Monica seinen eigenen Stil entwickelt hat. Aus diesem Stil haben sich dann wieder Stile entwickelt, Kest begeisterte Yogalehrer und -schüler in der ganzen Welt mit seiner kraftvollen Art Yoga zu praktizieren. Ich bin froh, dass Christopher Harrison, ein Akrobatik-Lehrer, seinen Athleten nur eine Möglichkeit bieten wollte, sich zwischen ihren Vorstellungen fit zu halten und deswegen Yoga mit dem Arbeitsgerät der Akrobaten, einem Tuch, das an der Decke hängt, entwickelte. Deswegen gibt es jetzt in jeder halbwegs größeren Stadt Anti-Gravity-Yoga. Ich finde es witzig, dass die amerikanische private Yoga-Kette Core Power Yoga Klassen anbietet, die Yoga Sculpt heißen. Die Teilnehmer verbinden dabei Yogaelemente mit Kurzhanteln. Danach schwitzen alle wie die Irren und ich habe Schüler selten so glückselig in Savasana erlebt, der Ruhestellung auf dem Rücken, die üblicherweise nach jeder Yogastunde praktiziert wird und vielen Schülern schwer fällt, weil sie sich wirklich auf sich selbst einlassen müssen. Mehrere Minuten ruhig liegen zu bleiben ohne dass etwas spannendes passiert – es scheint, als sei das eine der größten Herausforderungen unserer Zeit – aber nach einer Stunde Yoga Sculpt liegen sie alle da wie platt gemacht und sind froh, dass sie sich ausruhen dürfen. Meine wunderbare Kollegin Steffi Rohr hat Bodega Moves erfunden, sie kombiniert Yoga mit Elementen aus dem Functional Training. Ein ähnliches Konzept steckt hinter athleticflow, der Kombination aus HIIT-Training und Yoga. Als ich in Kalifornien lebte, gab es „YAS“, eine Spinning-Stunde, die mit einer Yogaeinheit endete. Die Leute verausgabten sich eine halbe Stunde lang auf dem Fahrrad und rollten danach die Yogamatten aus.

Es gibt tausend weitere Beispiele für Yoga, das nicht viel mit dem Yoga zu tun hat, das vor 3000 Jahren in allerallererster Linie eine philosophische Lehre war. Das heißt aber nicht, dass es schlecht ist, dass es diese Arten von Yoga heute gibt und Yoga sich in unserer westlichen Welt zu einer Art Fitness-Konzept entwickelt hat. Im Gegenteil. Yoga ist etwas gelungen, woran die meisten Fitness-Konzepte scheitern. Es erfindet sich immer wieder neu und schafft es so, immer mehr Menschen zu begeistern. Und das ist gut in einer Zeit, in der sich der Mensch offensichtlich viel zu wenig bewegt. Dass Yoga viel mehr ist, als Bewegung und die eigentliche Lehre nicht viel mit dem Beherrschen von atemberaubenden Posen, die besonders auf Instagram einen guten Eindruck hinterlassen, zu tun hat, versteht sich von selbst. Wenn du Lust darauf hast, alle Facetten des Yoga kennenzulernen, ist das wunderbar. Und wenn du für dich dein Yoga gefunden hast, dann ist das auch wunderbar. Und niemand hat das Recht, zu urteilen, was richtig oder falsch an deinem Yoga ist. Wenn Yoga dich „bewegt“, hat es schon seinen Zweck erfüllt.

Namaste, Yogis.

Erst mal einen Kaffee

Mein Webmaster fragte mich irgendwann einmal, warum meine Seite eigentlich „thecoffeedrinkingyogi“ heißen sollte. Tja, ich mag meinen Kaffee wirklich. Ich trinke meistens nur einen am Tag. Dann aber vernünftig. Am liebsten in aller Ruhe, mit einer Schale selbst-gemachten Granola und wenn alle anderen noch schlafen. Aller-allerliebste Morgenroutine. Das war aber nicht die Antwort, die ich meinem Webmaster gegeben habe. Sondern ich sagte: Ich mag keine Dogmen, wenn es um Yoga geht. Yoga urteilt nicht. Yoga gibt nicht alle möglichen Regeln vor und schon gar nicht, ob man Kaffee trinken darf oder nicht. Das Problem ist aber, viele glauben das. Ich bin nicht die, die nur selbstgemachte grüne Smoothies trinkt, auch wenn es sicher Leute gibt, die mir das zutrauen würden. „The Coffee drinking Yogi“ passt einfach zu mir. Wenn ich ganz korrekt wäre, müsste es yogini heissen aber dann ist der Name noch länger als er sowieso schon zu lang ist. 

Ich habe in meinem Leben schon ein paar Mal bewusst auf Kaffee verzichtet. Manchmal die zwei Tage anhaltenden Kopfschmerzen beim Entzug in Kauf genommen, nur um dann sagen zu können, dass ich nun morgens nicht mehr einen Kaffee brauche – aber sonst gab es eigentlich keinen Grund. Während meinen Schwangerschaften hörte ich ganz ohne Kopfschmerzen einfach damit auf, Kaffee zu trinken. Von einem auf den anderen Tag fand ich den Geruch von frisch gebrühtem Kaffee plötzlich nicht mehr anziehend sondern eher zum Weglaufen. Ich hatte keine seltsamen Gelüste aber Kaffee ging nicht mehr – was ja dann vielleicht doch unter die Kategorie „seltsame Gelüste“ fällt … Ich habe also bereits zwei Mal in meinem kaffeetrinkenden Leben für einen Zeitraum von über neun Monaten auf Kaffee verzichtet. Bei beiden Kindern habe ich etwa zwei Wochen nach der Geburt und natürlich jeweils nach Rücksprache mit meinen Hebammen wieder angefangen. Ich brauche nicht so viel Schlaf, wenn ich morgens nur einen Kaffee trinke. Da ich Langzeit-Stilll-Mama bin, bringt mich dieser eine Kaffee am Morgen wirklich in den Funktions-Modus. Es ist nahezu egal, wie katastrophal die Nacht verlaufen ist, nach dem Kaffee geht es mir blendend. Warum also sollte ich das abschaffen? Ich esse vegan, trinke nie Alkohol und verzichte sogar größtenteils auf raffinierten Zucker – ich muss nicht auch noch eine Tasse Kaffee am Tag weglassen. 

Für Risiken und Nebenwirkungen …

Früher hieß es, Kaffee sei ungesund. Früher haben die Leute aber auch mehr geraucht und mehr getrunken. Deswegen sind die Wissenschaftler sich heute nicht ganz einig darüber, ob die damals durchgeführten Studien im Bezug auf das Kaffeetrinken noch Bestand haben. Zum Teil wurde gar nicht berücksichtigt, wie gesund oder ungesund die Leute, die an den Studien teilnahmen, sonst gelebt haben. Kaffee enthält Koffein, das ist ein Fakt. Koffein hält wach. Ist auch eins. Koffein hat eine anregende Wirkung und das spürt jeder Mensch auf unterschiedliche Art und Weise. Frauen sollen anders darauf reagieren als Männer. Wer Medikamente nimmt, reagiert anders als Menschen, die keine Medikamente einnehmen, bei Rauchern sinkt die Konzentration von Koffein im Körper tendenziell schneller als bei Nichtrauchern, usw. Wenn man in letzter Zeit häufiger gelesen hat, dass Kaffee eigentlich gesund ist, ist das natürlich auch relativ: Wer raucht und trinkt, Übergewicht hat und sich nicht bewegt, lebt nicht gesünder, nur weil er auch Kaffee trinkt. Wer ohnehin Schlafstörungen hat, sollte vielleicht ab einer gewissen Uhrzeit das Trinken von Kaffee sein lassen oder es mal ganz ohne ausprobieren. Meistens ist unser eigener Körper ein ganz guter Ratgeber. Wenn du Kaffee trinken kannst, ohne davon Magenschmerzen zu bekommen und du nachts gut schlafen kannst, musst du nicht auf Kaffee verzichten. Es sei denn, du hast einfach Bock drauf, ihn wegzulassen. 

Kaffee und Yoga passen ganz gut zusammen

Auf jeden Fall stehen für mich Yoga und Genuss in einem engen Verhältnis. Genauso wie Yoga und Verzicht auch in einem engen Verhältnis zueinander stehen. Verzicht kann auch mit Genuss zusammenhängen und wenn es Menschen gibt, denen der Verzicht auf Kaffee gut tut, dann ist es nur gerechtfertigt und gut, Kaffee wegzulassen. 

Für mich ist es wichtig, dass meine Bohnen Bioprodukte sind und der Kaffee mit dem Fairtrade Siegel gekennzeichnet ist. Zurzeit nehmen wir sehr gerne die Bohnen von der Kölner Rösterei Van Dyck. Dass Bio-Bohnen ein bisschen teurer sind, nehme ich gerne in Kauf. Wer sich schon mal damit beschäftigt hat, wie Kaffeebohnen eigentlich geerntet und verarbeitet werden, hat sicher kein Problem damit, etwas mehr zu bezahlen. Denn dann weißt du auch, dass Kaffeebauer es verdammt schwer haben. Die Menschen, die Kaffeebohnen ernten, haben einen unfassbar harten Job. Wo Kaffee wächst gibt es auch viel Regen, viel Morast, rutschigen Boden, schweres Gelände. Pflücken geschieht im Idealfall per Hand – echte Knochenarbeit für wenig Geld. Und deswegen nehme ich mir auch Zeit, meinen Kaffee bewusst zu geniessen. Meine Morgenroutine.

Das Yogastudio mit Weinbar

Als wir noch keine Kinder hatten, hatte ich die Vision von einem kleinen Yoagstudio mit Kaffeebar und daneben sollte mein Mann eine Weinbar eröffnen. Für mich stehen Yoga und Genuss in einem engen Verhältnis. Ich habe keinen Bock auf Alkohol aber das heißt nicht, dass ich es nicht verstehen kann, wenn Menschen Lust auf ein Glas Wein haben. Die Vorstellung, dass man sich nach dem Yoga noch in einer Weinbar trifft, ein paar Snacks knabbert und sich gut unterhält, passt für mich. Das Leben und damit auch Glück, hat für mich, so sehr ich Ruhe und Natur liebe, auch viel mit Geselligkeit zu tun. Das mit dem Yogastudio, der Kaffeebar und der Weinbar lassen wir mal noch bleiben. Dass Yoga aber nicht immer nur mit Verzicht und Enthaltsamkeit in Zusammenhang gebracht werden soll, werde ich weiterhin propagieren.

Foto: Margarete Singer 

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